Dortmund. . Samstag spielt der BVB beim umstrittenen Aufsteiger RB Leipzig. Die Fanszene ist empört – und versammelt sich im alten Stadion zum Radiohören.

  • Samstag spielt der BVB beim umstrittenen Aufsteiger RB Leipzig
  • Die Fanszene ist empört
  • Sie versammelt sich im alten Stadion zum Radiohören

Michael Czyzewski hat sich für eine pragmatische Sicht der Dinge entschieden. „Die überwiegende Mehrheit freut sich, endlich mal zu Fuß zu einem Spiel von Borussia Dortmund gehen zu können“, sagt der Vorsitzende des Fanklubs „BVB NullNeun Leipzig“. In Czyzewskis Fall sind es ganze 400 Meter, die er zurücklegen muss, um am Samstag ab 18.30 Uhr seinen BVB im Bundesligaspiel bei RB Leipzig zu sehen. „Aber“, sagt Czyzewski, „bei uns im Klub ist man da geteilter Meinung.“

Auf der einen Seite stehen jene, die glücklich darüber sind, endlich einmal ein BVB-Spiel in der Nähe ihrer Heimat sehen zu können. Die Karten für den Gästeblock waren binnen 23 Minuten ausverkauft. Auf der anderen Seite die, für die RB Leipzig alles Schlechte im Fußball verkörpert. Menschen wie Jan-Henrik Gruszecki, eingefleischter BVB-Anhänger und einflussreiche Stimme in der Fanszene. „RB Leipzig führt die Fußballkultur ad absurdum“, sagt er. Anderswo seien Werbung und Sponsoring ein Mittel für die Vereine, um Fußball spielen zu können – beim vom Getränkekonzern Red Bull alimentierten Aufsteiger aus Leipzig dagegen sei Sponsoring der Selbstzweck: „RB Leipzig spielt Fußball, um Lifestyle in Dosen zu verkaufen.“

Protestaktion im Stadion

Auch in vielen anderen Szenen stößt Leipzig auf Ablehnung, weiß Gunter A. Pilz zu berichten: „Die Fans haben Vorbehalte gegenüber der ungehemmten Kommerzialisierung“, sagt der Fanforscher. Der BVB ist nun aber der erste Traditionsverein, der in der Bundesliga in Leipzig antritt – weshalb der Anhang eine Protestaktion initiiert hat. Die Dortmunder Ultras und viele weitere Fanklubs laden am Samstag Daheimgebliebene ins Stadion Rote Erde ein, wo um 14 Uhr die Dortmunder Amateure gegen den Wuppertaler SV spielen – und danach gemeinsam die Radioreportage gehört wird. Auch die BVB-Fanabteilung unterstützt die Aktion. „Das ist kein Ultra-Thema“, beteuert Gruszecki. „Die werden am Samstag in der Minderheit sein.“ Und noch etwas ist ihm wichtig: Die Aktion sei kein Boykott des BVB-Spiels. „Zu einem Boykott gehört ein Boykottaufruf, und den gab es nicht“, sagt Gruszecki. „Von 10 000 BVB-Fans war 10 000 klar, dass das innerhalb von Minuten ausverkauft sein wird.“

Beim BVB selbst sieht man die Aktion seiner Fans differenziert: Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke hat mehrfach durchblicken lassen, dass er kein Freund des Konstrukts RB Leipzig ist.

Als die Sachsen das BVB-Logo für einen Begegnungsschal nutzen wollten, lehnten die Dortmunder ab. Dass die eigenen Fans nun wegbleiben, schmeckt Watzke ebenfalls nicht – wenngleich er im Gespräch mit dieser Zeitung sagte: „Das ist im Rahmen der Demokratie legitim. Es ist alles legitim, so lange es keine persönlichen Beleidigungen und keine Gewalt gibt.“

Großeinsatz für die Polizei

Mit Gewalt rechnet die Polizei nicht. Zwar werde Leipzig in ganz Deutschland immer wieder angefeindet, Auseinandersetzungen mit anderen Fangruppen habe es aber bislang kaum gegeben, sagt Alexander Bertram von der Leipziger Polizei – das soll auch so bleiben: „Für uns ist das Spiel ein Großeinsatz, wir sind mit mehreren Hundertschaften vor Ort“, sagt Bertram.