Dortmund. Wir haben uns exklusiv mit BVB-Torjäger Pierre-Emerick Aubameyang über das Bayern-Spiel und sein Duell mit Robert Lewandowski unterhalten.

  • Am Samstag trifft der BVB im Bundesliga-Gipfel auf den FC Bayern.
  • Wir haben uns exklusiv mit BVB-Torjäger Pierre-Emerick Aubameyang unterhalten.
  • Einige Themen: das Bayern-Spiel, sein Duell mit Robert Lewandowski und Bugs Bunny.

Lässig schlurft Pierre-Emerick Aubameyang über das Trainingsgelände von Borussia Dortmund, Mütze auf dem Kopf, eine Kette mit seinen Initialen um den Hals. Dann redet er. Über das Spiel, dem Fußball-Deutschland entgegenfiebert. Am Samstagabend trifft Borussia Dortmund auf Bayern München, der Tabellenzweite auf den Ersten. Es ist auch das Duell der Torjäger. Aubameyang hat für den BVB bislang 22 Saisontreffer erzielt, Robert Lewandowski für München einen mehr.

Herr Aubameyang, kennen Sie eigentlich Lothar Emmerich?

Pierre-Emerick Aubameyang: Natürlich. Er hat hier in Dortmund gespielt. Und er hat fast den gleichen Namen wie ich: Emmerich statt Emmerick.

Und er war bislang der einzige Dortmunder, der zu diesem Zeitpunkt der Saison so viele Tore geschossen hatte wie Sie.

Aubameyang: Ja, ich weiß. Ich habe neulich die Liste aller Torjäger bei Borussia Dortmund im Internet gefunden – und damit natürlich auch Lothar Emmerich gesehen.

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Ein Stürmer hat in dieser Saison sogar noch ein Tor mehr geschossen: Robert Lewandowski. Wenn man Sie beide vergleichen würde...

Aubameyang: Ich bin auf jeden Fall schneller! (lacht) Im Ernst: Robert ist vielleicht ein bisschen kompletter als ich und physisch noch robuster. Er hält die Bälle besser als ich. Aber er ist mir insgesamt nicht mehr weit voraus.

Sie haben ein Jahr zusammen in Dortmund gespielt. Wie ist Ihr Verhältnis?

Aubameyang: Es ist total okay (lacht). Wir telefonieren ab und zu oder schreiben uns Nachrichten. Wir hatten ein gutes Verhältnis. Er ist ein ganz großer Stürmer.

Sie haben regelmäßig Kontakt?

Aubameyang: Nicht jeden Tag, aber hin und wieder. Über Snapchat können wir uns Bilder und Videos schicken.

Was war denn seine letzte Botschaft? Freut er sich auf Samstag?

Aubameyang: Nein, jetzt vor dem Spiel schicken wir uns keine Nachrichten. Da ist es wichtig, sich zu konzentrieren.

Sie haben mal gesagt, Sie haben viel von Lewandowski gelernt. Was denn?

Unsere Reporter Sebastian Weßling (l.) und Daniel Berg mit Pierre-Emerick Aubameyang.
Unsere Reporter Sebastian Weßling (l.) und Daniel Berg mit Pierre-Emerick Aubameyang. © Lars Heidrich / FUNKE Foto Services

Aubameyang: Tore schießen (lacht). Als ich ihn zum ersten Mal gesehen habe, war ich sehr beeindruckt, wie eiskalt er vor dem Tor war. Ich habe mir damals gedacht: Boah, ich muss genauso cool werden. Und nach und nach klappt das jetzt.

Sie streiten um die Torjägerkanone. Sind Ihnen derartige Bestmarken wichtig?

Aubameyang: Ich bin glücklich, dass ich schon so viele Tore geschossen und einige Rekorde aufgestellt habe. Ich möchte mich natürlich gerne in den Statistiken verewigen. Aber wichtig ist auch das Spiel der Mannschaft. Sie macht mir mit Vorlagen Geschenke, die ich nur anzunehmen brauche.

Sie schauen sich viele Youtube-Videos anderer Spieler an, um davon zu lernen. Wie funktioniert das?

Aubameyang: Also, wenn ich so ein Video sehe und mir ein Trick gefällt, dann versuche ich das beim Training. Und wenn es nicht klappt, versuche ich es noch einmal und noch einmal – bis es eben funktioniert.

Und schlägt der Trainer dann die Hände über dem Kopf zusammen, wenn Sie schon wieder etwas Neues ausprobieren?

Aubameyang: Nein, nein. Ich mache das vor oder nach dem Mannschaftstraining. Dann nehme ich mir den Ball und versuche das. Wenn ich etwas während des Spiels mache, bin ich mir sicher, dass ich das auch kann.

Von welchen Stürmern schauen Sie sich denn besonders gerne etwas ab?

Aubameyang: An erster Stelle steht Ronaldo. Nicht Cristiano, sondern der Brasilianer. Dann gibt es da Sonny Anderson, der hat mir sehr gut gefallen. Und viele andere große Spieler: Lewandowski, Suarez, Cristiano Ronaldo, Messi...

Wollten Sie eigentlich schon immer Stürmer sein?

Aubameyang: Ja. Ich wollte immer Tore schießen.

Wie hat das denn geklappt, wenn Sie als Kind mit Ihren Brüdern und ihrem Vater gespielt haben?

Aubameyang: Meine Brüder habe ich erst kennengelernt, als ich neun war, wir haben nämlich nicht die gleiche Mutter. Mit meinen Brüdern habe ich auf der Straße gespielt, wenn unser Vater dabei war, in einem Park in Mailand. Die haben mir nie etwas geschenkt, mich nie gewinnen lassen. Dafür bin ich heute derjenige, der keine Geschenke verteilt (lacht). Es war immer schön, gegen meine Brüder meinen Vater zu spielen, weil wir uns nie etwas geschenkt haben. Und so bin ich auch aufgewachsen.

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War es Vor- oder Nachteil, dass Sie der Jüngste waren?

Aubameyang: Später war das ein Vorteil für mich, ich konnte von allen ein bisschen lernen. Catilina, der Älteste, war der Erste beim AC Mailand. Und dann kam Willy und von allen konnte ich etwas mitnehmen und lernen.

Lassen Sie uns über Ihre Wette mit Thomas Tuchel reden...

Ich nehme es mehr als Ziel wahr – weniger als Wette. Es ist ein Blatt Papier, das ich erst zeigen werde, wenn ich es geschafft habe. Darauf steht unter anderem eine Summe an Toren, die ich in der Saison erzielen soll.

In allen Wettbewerben?

Aubameyang: Nur in der Bundesliga. Es geht aber nicht nur um eine Zahl, die da drauf steht, das ist schon etwas komplizierter.

Was ist denn die Belohnung?

Aubameyang: Das darf ich nicht sagen, sonst bin ich in Gefahr. (grinst)

Setzen solche Ziele sie unter Druck?

Aubameyang: Nein, nie. Ich muss mir keinen Druck machen. Ich bin jetzt 26 Jahre alt, ich habe keine Zeit, um mir Druck zu machen. Ich spiele Fußball, das war’s.

Sie sind aber schon jemand, der sich ehrgeizige Ziele setzt. Wo kommt ihr Optimismus her?

Aubameyang: Ich bin ein positiver Mensch. Ich glaube, das kommt von meinen Eltern, die mich erzogen haben, immer positiv zu denken. Letztes Jahr habe ich, als wir Tabellenletzter waren, gesagt, dass wir es nach Europa schaffen können. Davon war ich überzeugt. Ich bin zwar auf meine eigene Art und Weise ein bisschen verrückt, okay, aber ich haue nicht einfach Sprüche raus, nur um etwas zu sagen. Ich war auch der Einzige, der schon vor der Saison gesagt hat: Ich glaube nicht, dass Bayern wieder Meister wird.

Wer denn dann?

Aubameyang: (grinst) Da kommen ja nicht mehr ganz so viele in Betracht.

Sie glauben daran, dass der BVB Meister wird?

Aubameyang: Solange es möglich ist, glaube ich daran. Wir sind Profis und streben nach dem maximal Möglichen.

Was macht Sie so sicher?

Aubameyang: Die Bayern sind eine großartige Mannschaft, sie können alles gewinnen. Aber dieses Jahr spüre ich, dass sie einige Spiele verlieren könnten. Für uns ist das eine Chance. Die können wir nutzen, ohne uns verrückt zu machen. Wir sind schließlich nicht der Favorit!

Der Trainer schwärmt regelrecht von Ihrem Lächeln und Ihrer guten Laune. Woher kommt das?

Aubameyang: Ich habe eben große Zähne, da kommt das Lächeln stärker rüber (lacht). Mein Bruder nennt mich Bugs Bunny.

Bugs Bunny wäre vielleicht ja eine Verkleidungsidee für einen Torjubel am Samstag.

Aubameyang: Bugs Bunny? (lacht und beißt in eine imaginäre Karotte) Warum nicht?

Das Hinspiel in München ging 1:5 verloren, jetzt aber fehlt fast die gesamte Abwehr um Jerome Boateng verletzt. War es noch nie so leicht, die Bayern zu schlagen?

Aubameyang: Das ist nie leicht, auch ohne die Verletzten wird das schwierig genug. Klar fehlt mit Boateng ein sehr starker Spieler – aber Bayern hat etliche andere Topleute. Mal sehen, wie es läuft, wir haben auf jeden Fall eine Chance.

Bereiten Sie sich auf dieses Spiel auf eine bestimmte Art und Weise vor?

Aubameyang: Nein, nichts Besonderes. Ich muss mir höchstens einen Jubel einfallen lassen, falls ich treffe.

Bugs Bunny, das haben wir doch schon geklärt.

Aubameyang: (lacht) Vielleicht Bugs Bunny.

Dazu wäre es hilfreich, wenn Ihr Kumpel Marco Reus Ihnen mal ein Tor auflegen würde.

Aubameyang: Ja, ich werde mal mit ihm reden.

Wussten Sie, dass er Ihnen noch kein Bundesligator aufgelegt hat?

Aubameyang: Das kommt schon noch, da bin ich mir sicher. Vielleicht schon am Samstag.

Sie haben derzeit eine sehr erfolgreiche Phase, aber es gab auch andere Zeiten. Sind Sie da trotzdem immer mit einem Lächeln zum Training gekommen?

Aubameyang: Auch wenn es nicht gut läuft, gebe ich mich nach außen fast immer gut gelaunt, immer mit einem Lächeln. Wenn ich mal traurig, verärgert oder schlecht gelaunt war, habe ich das zu Hause gelassen. Bei der Mannschaft bin ich immer positiv. Denn es geht um die Mannschaft.

Sehen Sie das als eine Aufgabe, für gute Stimmung in der Mannschaft zu sorgen? Ist das vielleicht sogar ein weiteres Talent von Ihnen?

Aubameyang: Vielleicht (lacht).Ich weiß gar nicht, warum ich so bin, vielleicht ein Geschenk der Natur. Aber wir dürfen auch nicht vergessen, dass wir einen tollen Beruf haben. Es gibt zwar Höhen und Tiefen, aber insgesamt ist das ein ganz toller Beruf.

BVB-Torjäger Aubameyang über seine Familie 

Sie haben selbst einen vierjährigen Sohn, Sie kommen aus einer fußballverrückten Familie. Spielt Curtys auch schon?

Aubameyang: Er hat noch keine Lust auf das Training. Und ich will ihn nicht unter Druck setzen, er ist ja noch klein. Aber er liebt den Fußball. Wenn er irgendwann Lust hat, wird er es schon machen. Momentan will er aber Formel-1-Fahrer werden. Er hat ein kleines Kart, mit dem er immer durch die Wohnung rast.

Woher hat er das denn wohl?

Aubameyang: Keine Ahnung (grinst)

Aber Ihre Spiele schaut er schon an?

Aubameyang: Ja, er guckt immer zu. Er geht ins Stadion und wenn er danach nach Hause kommt, singt er weiter und weiter. Aber mein Vater sagt, er wird irgendwann den Ballon d’Or gewinnen.

Um Ihre Zukunft gibt es ständig Gerüchte. Vor allem aus England...

Aubameyang: Mein Kindheitstraum war es, irgendwann einmal für Real Madrid zu spielen.

Wieso?

Aubameyang: Mein Großvater wurde in Avila geboren, nur 100 Kilometer von Madrid entfernt. 2014, kurz bevor er gestorben ist, habe ich ihm versprochen, eines Tages einmal für Real zu spielen. Natürlich wird das schwierig, das ist mir bewusst.

Ihre Mutter Margarita stammt aus Spanien, Sie hätte sicher auch nichts dagegen.

Aubameyang: Stimmt. Für Real aufzulaufen wäre das größte Geschenk an meine Mutter. Aber der BVB ist meine zweite Heimat geworden. Ich liebe den Verein, die Fans und diese Stadt. Sonst hätte ich niemals bis 2020 verlängert. Ich bin sicher, dass ich noch einige Zeit hier bleiben werde.