Dubai. Marco Reus will den Makel des Unvollständigen endlich ablegen. Nach einer guten Vorbereitung mit dem BVB startet er zuversichtlich in die Rückrunde.
Marco Reus sieht man in diesen Tagen häufig beherzt lachen. Zugegeben, selbst in der hitzigen Medienwelt ist dies eine Nachricht von geringer Bedeutung. Andererseits ist es eine Beobachtung, aus der sich Rückschlüsse ziehen lassen.
Reus’ zufriedenes Grinsen verrät sein Wohlbefinden - und dies gilt in Dortmund dann doch noch als Gradmesser für den Gemütszustand einer ganzen Stadt. Ist Reus glücklich, sind es die Dortmunder auch. Und es hat den Anschein, als sei der 26-Jährige gerade sehr glücklich.
Reus kann beschwerdefrei trainieren
Diesen Eindruck vermittelt der Star des Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund jedenfalls sowohl im Park Hyatt Hotel, in dem es sich der BVB noch bis zur Abreise am Samstag auf Fünf-Sterne-Niveau gutgehen lässt, als auch auf dem Rasenplatz einige Kilometer weit weg von der beeindruckenden Skyline Dubais draußen in der Wüste. Reus versprüht im Trainingslager am Persischen Golf eine Aufbruchstimmung. Die zuallererst auf sich selbst bezogen ist.
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Der Nationalspieler trainiert beschwerdefrei, nachdem er das letzte Spiel des Jahres 2015 (1:2 in Köln) noch wegen seiner dritten Verletzung in der Hinrunde (am Zeh im November, an den Adduktoren im November und eben Dezember) verpasst hatte. Um wieder fit zu werden, nahm er sich zwischen den Jahren einen persönlichen Physio und erhielt eine Intensivtherapie. “Ich muss das akzeptieren und habe damit auch kein Problem”, sagt Reus, den der BVB in Dubai zwecks Vereinsvermarktung vor allem ausländischen Medien als Gesprächspartner zur Verfügung stellt, zu seinen häufigen Ausfällen, “aber es ist meine Natur, immer nach vorne zu schauen, mich von Verletzungen nicht herunterreißen zu lassen.”
Unvollendetes Talent
Dabei bot seine Karriere Marco Reus schon häufig den Anlass, die Fußballtreter weit von sich zu schmeißen. Erst recht im Sommer 2014, als ihn der letzte Test mit der Nationalmannschaft gegen Armenien die WM-Teilnahme und den Siegeszug am Zuckerhut kostete. Überhaupt hängt ihm, dem so viel fußballerisches Talent mit auf den Weg gegeben worden ist wie sonst nur wenigen anderen Spielern, der Makel des Unvollständigen, des Titellosen an. Der wichtige Turniere wegen seiner Verletzungsanfälligkeit verpasst oder dem im den wichtigsten Spieler immer die Nerven einen Streich spielen.
Er kam erst 2012 nach den beiden letzten Meisterschaften des BVB aus Gladbach zur Borussia, und in der Nationalmannschaft, man mag es sich immer noch nicht richtig vorstellen, haben die lediglich 27 Einsätze (neun Tore) auch nicht den großen Wurf eingebracht. “Jeder will gut spielen, Trophäen gewinnen, ein wichtiger Bestandteil des Teams sein - das gilt auch für mich”, sagt Reus, “trotzdem ist das wichtigste für mich, gesund zu bleiben.”
Zwei Vereinstitel und die Euro sind realisierbar
Gelingt ihm dies, kann 2016 das Jahr werden, in dem Marco Reus vieles nachholt. Vielleicht nicht eine nationale Meisterfeier, denn trotz seiner acht Hinrundentore und vielen starken Auftritten sind die Münchener Bayern wohl schon wieder zu weit davongaloppiert. Aber im DFB-Pokal und der Europa League, dazu mit der DFB-Elf bei der Europameisterschaft in Frankreich macht sich der Tempodribbler berechtigte Hoffnungen, Verpasstes vergessen zu machen.
Thomas Tuchel hat in seinem Offensiv-Juwel jedenfalls die Energie ausgemacht, der Vergangenheit nicht nachzutrauern, sondern sich auf die kommenden Ziele zu fokussieren: “Es wäre fatal für ihn, zurückzuschauen und sich Gedanken zu machen, was bis zum Sommer passieren kann”, sagt Borussias Trainer, “er ist im Hier und Jetzt und nimmt sich die Freiheit darin zu leben.”
Damit macht Marco Reus nicht nur seinen Coach, sondern vermutlich auch alle Dortmunder glücklich.