Dubai. . Moritz Leitner hat sein Potential bislang nicht voll ausgekostet. In der U23 des BVB hat sich der 23-Jährige zurück in den Fokus gespielt.
Zur mittaglichen Trainingseinheit hat sich Moritz Leitner das ärmellose Shirt ausgesucht. Keine schlechte Wahl, die Sonne brennt über dem teppichgleichen Rasenplatz im Nad Al Shebab Sports Complex, gerade noch nicht zu heiß, um die Einheit als unerträglich zu empfinden. Die Fußballer von Borussia Dortmund stehen vor keiner zu komplexen Übung: Pass nach außen, zwei Mann orientieren sich dann in die Mitte, um die Hereingabe zu verwerten. Leitner nimmt den Ball direkt, er rauscht in die Maschen, der 23-Jährige grinst. Ja, wenn’s in der Bundesliga nur genauso liefe.
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Die Hoffnung hat einen gravierenden Haken: Leitner spielt ja gar nicht mehr in der höchsten Klasse. Beim BVB kam der Mittelfeld-Allrounder in der Hinrunde bloß in der Regionalliga-Reserve zum Einsatz, zum Jahresausklang in der Bundesliga nahm ihn sein Trainer Thomas Tuchel mit zum Auswärtsspiel in Köln, gönnte ihm anders als bei den Europa-League-Begegnungen gegen Saloniki und Krasnodar aber keine zehn Minütchen Einsatzzeit. Für einen jungen Profisportler, dessen Karriere zum Saisonbeginn als an einem Scheideweg befindliche beschrieben wurde, ein grauenhaftes Szenario.
Leitner passte nicht mehr in BVB-Planung
Ein paar Stunden nach dieser Übung sitzt Thomas Tuchel in einer Ecke des weitläufigen Freiluftbereichs im Park Hyatt Hotel am Dubai Creek. Dass sich der Bundesligist am Persischen Golf inklusive Moritz Leitner auf die Rückrunde vorbereitet, hat viele überrascht. „Mo ist ein schönes Beispiel“, sagt der 42-Jährige und schaut zufrieden drein, als sei hier gerade ein junger Mensch von der schiefen Bahn geholt worden.
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Leitner, dieses schlampige Genie, „ein herausragendes Talent, wie es nur wenige gibt“, hatte Jürgen Klopp 2010 gesagt, als er das ihn von den Münchener Löwen zum BVB lockte. Dem aber fünf Jahre später zum Ende einer zweijährigen Ausleihe zum VfB Stuttgart Huub Stevens Egoismus vorwarf, ihn acht Spiele vor Saisonende aus dem Kader schmiss. Und der bei seiner Rückkehr nach Dortmund in die Planungen fürs zentrale Mittelfeld nicht mehr passte, weil jetzt auch noch Gonzalo Castro und Emporkömmling Julian Weigl das große Angebot erweitert hatten. Weil sich jedoch kein geeigneter Verein für ihn fand, blieb Leitner. „Nach dem Start, den wir ihm geboten haben, sich eine halbe Serie so zu verhalten, so zu trainieren, so seine persönliche Situation hinten anzustellen“, sagt Tuchel nun, „verdient meinen allerhöchsten Respekt.“
Januzaj konnte sich nicht lösen
Nun trainiert er, der schon oft in eine Ecke gestellt wurde mit Savio Nsereko und Marko Marin, deren Sterne am Fußballhimmel beinahe schneller unter- als aufgingen, wieder mit der ersten Mannschaft. „Er dient als Beispiel, wie viel Herzblut man in eine Mannschaft investieren kann, wie man jeden Tag nutzt, obwohl es sehr schwer für ihn war“, erklärt der Trainer. Auch wenn die vierte Spielklasse für einen 34-fachen U-Nationalspieler wohl nicht das Ziel aller Ziele ist, hat sich Leitner bei der U23 reingekniet, in acht Spielen drei Tore erzielt und vier weitere aufgelegt. Der Deutsch-Österreicher sei definitiv einer, „bei dem der Trainer der Zweiten sagt, der kann noch mal kommen“. Oder der jetzt noch einmal versuchen darf, seiner Laufbahn die richtige Wendung zu geben.
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Adnan Januzaj, sagt Thomas Tuchel ohne jeden Vorwurf, habe sich bis zu seiner vorzeitig beendeten Leihgabe und Rückkehr zu Manchester United nie von den „Red Devils“ gedanklich befreien können. „Auch ich konnte ihm nicht helfen, sich zu lösen“, sagt der BVB-Coach. Moritz Leitner, bei dem die Ausgangslage allerdings eine ganz andere gewesen sei, habe die Kurve bekommen, „er hat die Chance genutzt, die keine war.“ Tuchel wolle nun auch in den Testspielen in Dubai gegen Eintracht Frankfurt (Dienstag, 16.35 Uhr deutsche Zeit) und Südkoreas Meister Jeonbuk Hyundai Motors FC (Freitag, 13.35 Uhr) die geeignete Position für den Hochtalentierten finden, „er kann auf der Acht, der Zehn, der Elf, der Sieben spielen – mal schauen.“ Leitner nimmt einen zweiten Anlauf, in der Bundesliga Fuß zu fassen. Sein Vertrag bei der Borussia läuft bis 2017, ein Wechsel im Winter ist „von meiner Seite aus vom Tisch“, betont Tuchel. Womöglich kann Leitner diesmal das Vertrauen zurückzahlen.