Skien. Eigentlich wollte Gonzalo Castro nicht mehr als Rechtsverteidiger auflaufen. Gegen Odds BK musste der Allrounder hinten aushelfen - und enttäuschte.
Gonzalo Castro fragte noch einmal kurz nach dem Weg, dann verließ er das Stadion in Skien, in dem er an diesem Abend das zweite Mal von Beginn an in einem Pflichtspiel für seinen neuen Verein Borussia Dortmund aufgelaufen war. Der BVB hatte das erste von zwei entscheidenden Duellen um die Qualifikation für die Europa League mit 4:3 beim norwegischen Vertreter Odds BK gewonnen. Aber so richtig glücklich konnte Dortmunds Königstransfer dieses Sommers mit diesem Abend nicht sein. Überhaupt nicht glücklich.
Tuchel beendete das Experiment zur Halbzeit
Das hatte zwei Gründe und möglicherweise bedingten sie sich gegenseitig. Denn Trainer Thomas Tuchel mischte seine Mannschaft im Vergleich zur Bundesliga personell durch, zum Teil freiwillig, zum Teil gezwungenermaßen. Mit Lukasz Piszczek fiel der Rechtsverteidiger aus, noch ist nicht absehbar, ob seine Sorgenhüften erneut einen längeren Ausfall erzwingen. Für die Partie in Norwegen jedenfalls nominierte der Trainer Gonzalo Castro als Rechtsverteidiger. In Leverkusen hatte der vielseitige Elf-Millionen-Mann diese Position jahrelang auf hohem Niveau bekleidet, ehe er seinen Platz im Mittelfeld, seiner angestammten Position, fand und danach erklärte, nie mehr auf die Verteidigerposition zurückwechseln zu wollen. Doch im Zentrum des Spiels darf er bislang nicht ran, der junge Julian Weigl überzeugte in der Bundesliga auf der Position, in Norwegen stand Sven Bender in der Startformation. Castro spielte gegen den Odds BK also rechts - und machte keine gute Figur.
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Beim ersten Gegentreffer ließ er sich durch eine einfache Finte austricksen und ermöglichte so die Flanke zum 0:1. Beim 0:2 öffnete Castro dem Gegenspieler die Spielfeldmitte, statt sie zu schließen. Und auch sonst wollte dem früheren Nationalspieler nicht viel gelingen. In der Halbzeit beendete Thomas Tuchel das Experiment, das eigentlich keines ist, weil Castro eine hochwertige Lösung schien, die möglicherweise bei einem Piszczek-Ausfall häufiger greifen muss. Sokratis kam, rückte in die Innenverteidigung und Matthias Ginter schloss die rechte Abwehrseite fortan sehr erfolgreich.
"Ich dachte wir könnten uns Gonzalos gutes Passspiel zunutze machen. Er hat diese Position in Leverkusen oft gespielt, auch in wichtigen Partien", erklärte Tuchel später, wollte Castro aber nicht als Sündenbock dastehen lassen. "Ich werde nicht mit dem Finger auf ihn zeigen und ihn allein verantwortlich machen für die Vorkommnisse. Wir hatten im physischen Bereich Probleme, wir brauchten körperliche Größe und Stärke, um die langen Bälle besser zu verteidigen, daher musste Gonzo das Feld verlassen. Er muss jetzt weiter hart arbeiten."
Piszczek-Alternativen sind überschaubar
Es wäre wohl das Beste, wenn Castro den Rat seines Trainers beherzigt, auch wenn die Perspektiven für den Moment nicht so sind, wie Castro sich das wünschte. Nach Dortmund war er gekommen in der sicheren Annahme, Mittelfeldstratege Ilkay Gündogan würde den Verein verlassen. Aber als Rechtsverteidiger könnte er derzeit am meisten gebraucht werden. Die Alternativen in diesem Bereich sind überschaubar, sollte Piszczek länger ausfallen. An beiden Hüften ist der Pole in der Vergangenheit schon operiert worden, immer fiel er Monate aus. Trainer Tuchel gab nach den neuerlichen Beschwerden Piszczeks an der neuralgischen Körperstelle zu, "traurig" und "in Sorge" zu sein.
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Neben Castro kämen der junge und in der Vorbereitung hoch gelobte Pascal Stenzel, der derzeit verletzte Erik Durm, der eigentlich zum Verkauf stehende Kevin Großkreutz oder auch der zuletzt etwas ausrangierte Jakub Blaszczykowski als Lösung auf rechts in Frage. Aber an Castros Niveau aus Leverkusen reichen sie nicht heran. An Castros Niveau in Norwegen allerdings spielend.