Dortmund. Das 0:3 gegen Turin wirft Fragen auf - auch weil es eines von vielen schwachen Spielen zuletzt ist. Dem BVB steht im Sommer wohl ein Umbruch bevor.

Am Donnerstag erwischte es dann auch die Aktie: Um fast acht Prozent stürzte das Papier von Borussia Dortmund an der Börse ab, nachdem der BVB tags zuvor gegen Juventus Turin mit 0:3 untergegangen war. Das immerhin dürften sie in Dortmund gelassen hinnehmen, denn erstens beträgt der reale Wertverlust nur 30 Cent - und zweitens wirkt sich der sportliche Wertverlust in Schwarz-Gelb derzeit viel gravierender aus.

Denn das 0:3 am Abend zuvor, es hatte Spuren hinterlassen. Zwar besangen die Fans auch nach Spielende ihre Liebe und Treue zum Verein - mit den zuvor gezeigten Leistungen aber hatte das herzlich wenig zu tun. Vielmehr nahmen hier ein Publikum und ein ganzer Verein für mindestens anderthalb Jahre Abschied vom europäischen Wettbewerb, der ihnen in den vergangenen Jahren so viele schöne, spektakuläre und unterhaltsame Abende geliefert hatte. "Streichen Sie das wahrscheinlich", antwortete Kapitän Mats Hummels auf die Frage, wie er sich denn fühle angesichts der Tatsache, dass man in der kommenden Saison wohl nicht in Europa vertreten sei.

Deutlich weniger klar und geradlinig hatte sich die Mannschaft zuvor auf dem Platz präsentiert, im Offensivspiel war wenig zusammengelaufen, in Mittelfeld und Abwehr fehlte der Zugriff auf den Gegner. Und auch im Nachgang war man in Dortmund unentschlossen, wie man denn dieses Ergebnis zu werten habe. "Die erste Halbzeit war noch okay, die zweite Hälfte war unterirdisch, wir sind verdient rausgeflogen." Mit europäischem Spitzenfußball hatten die insgesamt 180 Minuten gegen Juventus Turin wirklich nichts zu tun. 1:5 lautete das Gesamtergebnis aus beiden Partien, dem BVB gelang es nicht, eine hochkarätige Chance herauszuspielen - das Tor im Hinspiel war alleine der Tatsache zu verdanken, dass Giorgio Chiellini ausrutschte und Marco Reus sowohl den Ball als auch den Weg zum Tor freimachte.

Das Ende einer Ära

Und so fragte sich so mancher Beobachter, ob man hier das Ende einer Ära erlebt habe, ob dieser BVB-Mannschaft - die ja auch in der Bundesliga den Ansprüchen weit hinterherläuft - eine größere Zäsur bevorsteht. Dafür sprach am Mittwochabend einiges. Auf Verletzungspech und fehlende Fitness, in der Vorrunde oft als Erklärung für schwache Leistungen bemüht, konnte man sich dieses Mal nicht berufen. Vielmehr blieben zu viele Spieler erneut deutlich unter ihren Möglichkeiten. Das sonst so geduldige Dortmunder Publikum pfiff bei dessen Auswechslung Henrikh Mkhitaryan aus - so etwas hatte man hier sehr lange nicht mehr erlebt.

Tatsächlich hatte der Armenier, mit 25 Millionen Euro immerhin teuerster Einkauf der Vereinsgeschichte, einen schwachen Auftritt hingelegt, konnte sein zweifellos vorhandenes Potenzial wie fast die gesamte Saison über nicht annähernd abrufen und verstrickte sich oftmals in sinnlose Einzelaktionen. Doch auch Pierre-Emerick Aubameyang und Marco Reus gelang wenig, Winterneuzugang Kevin Kampl, war wenigstens bemüht - aber ebenso glücklos wie der Rest.

Auf dem Transfermarkt fehlte das Glück

Mehr als 100 Millionen Euro hat der BVB in den vergangenen beiden Jahren in die Mannschaft gesteckt, hat Spieler wie Aubameyang, Mkhitaryan, Kampl, Sokratis, Ciro Immobile, Adrian Ramos, Shinji Kagawa, Matthias Ginter und Nuri Sahin investiert. Inzwischen muss man konstatieren: Auch auf dem Transfermarkt ist das Glück verloren gegangen. Immobile, für 18,5 Millionen Euro als Lewandowski-Nachfolger verpflichtet, saß gegen Juventus 90 Minuten auf der Bank, ebenso wie der rund acht Millionen teure Rückkehrer Shinji Kagawa und der zehn Millionen Euro schwere Matthias Ginter.

Adrian Ramos (etwa neun Millionen) wurde zwar eingewechselt, blieb aber glücklos. Dortmund hat den Kader zwar verbreitern können, hat nun viele gleichwertige Spieler zur Verfügung - wirkliche Verstärkungen aber waren zu wenig unter den teuren Neuverpflichtungen. Und: Im Kader stehen viele herausragende Umschaltspieler, die ihre Stärken im Konterspiel bei hohem Tempo haben - das Ballbesitzspiel in engen Räumen liegt nicht allen.

Klopp: "Es liegt auf der Hand, was nicht funktioniert"

Trainer Jürgen Klopp mühte sich Donnerstagmittag, das 0:3 gegen Turin zum Betriebsunfall umzudeuten. "Es liegt total auf der Hand,was nicht funktioniert", sagte er. Man habe schlicht in den gefährlichen Räumen die falschen Entscheidungen getroffen. "Wenn du keine Torchancen hast, aber die Spieleröffnung gut und die Spielfortsetzung in Ordnung sind und du dann in den Räumen bist und dann kommt nichts, ist natürlich klar, woran es liegt." Da dies allerdings schon gegen den 1. FC Köln (0:0), den Hamburger SV (0:0) und mit Abstrichen gegen Dynamo Dresden (2:0) der Fall war, muss die Frage erlaubt sein, warum es bislang nicht gelang, die Probleme abzustellen. Fehlende Qualität mag Trainer Klopp im Kader nicht erkennen - er nennt vor allem fehlende Konstanz als Ursache.

Der Trainer muss freilich auch eine schwierige Gratwanderung absolvieren: Er muss seinen auf die Champions League ausgelegten Kader nun im Bundesliga-Abstiegskampf bei Laune halten - obwohl intern längst beschlossen scheint, dass es im Sommer einen größeren Umbruch gibt. Um die Saison zu einem versöhnlichen Ende zu bringen, ist man aber vorerst auf die Spieler angewiesen, von denen man im Sommer einige gerne verabschieden würde.