Horst Hrubesch lobt nach dem WM-Viertelfinal-Aus der U20 sein Team und übt zugleich Kritik an der Abstellungspolitik der Vereine: "Die WM hat man mir schon im Vorfeld weggenommen."
Trotz vieler Querelen im Vorfeld um die Abstellung von Spielern hat die ersatzgeschwächte deutsche U20-Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft in Ägypten überzeugen können. Der Traum vom WM-Titel platzte für die Mannschaft von Horst Hrubesch erst nach einer unglücklichen Niederlage gegen die brasilianischen Zauberer vom Zuckerhut. Im Interview mit dem SID äußert sich Trainer Horst Hrubesch zum Abschneiden seines Teams.
SID: "Herr Hrubesch, die U20 ist am Samstag nach großem Kampf im Viertelfinale der WM nach Verlängerung an Brasilien gescheitert. Was überwiegt so kurz danach, der Stolz oder der Frust?"
Horst Hrubesch: "Der Frust, ganz klar. Was die Jungs hier geleistet haben, war einmalig, aber im Moment sind wir einfach nur enttäuscht. Wir waren auch gegen Brasilien ganz dicht dran und hätten eigentlich den nächsten Schritt machen müssen."
SID: "Ihr Team hat bis zur 89. Minute geführt. Woran hat es letztlich gelegen, dass Sie doch noch ausgeschieden sind?"
Hrubesch: "Da kam viel zusammen. Vielleicht haben am Ende einfach die Körner gefehlt. Wir hatten ja praktisch keine Zeit zum Vorbereiten. Unsere Vorbereitung war die Vorrunde. Aber wenn uns vorher einer gesagt hätte, dass wir so ein Turnier spielen, hätten wir es nicht für möglich gehalten. Wir haben ja sogar den Brasilianern die Grenzen aufgezeigt."
SID: "Sie werden erst am Montag nach Deutschland zurückkehren. Wie haben Sie den freien Sonntag in Ägypten verbracht?"
Hrubesch: "Wir sind rausgefahren und haben uns mal die Sphinx und die Pyramiden angeschaut. Die Jungs sollten wenigstens mal das siebte Weltwunder sehen, nachdem sie das achte leider nicht geschafft haben."
SID: "Haben Sie während des Turniers daran geglaubt, hier Ihren ersten WM-Titel gewinnen zu können?"
Hrubesch: "Die WM hat man mir ja schon im Vorfeld weggenommen. Da müssen sich einige fragen lassen, ob das so in Ordnung war."
SID: "Wen meinen Sie konkret?"
Hrubesch: "Das lasse ich mal im Raum stehen. Wer sich den Schuh anziehen will, kann ihn sich anziehen."
SID: "Für die Vereine bestand keine Abstellungspflicht, am Ende fehlten Ihnen insgesamt 29 Spieler. Wenn man schon sieht, was dieses Team erreicht hat: Ärgern Sie sich nun erst recht, dass Sie nicht mit der stärksten Mannschaft antreten konnten?"
Hrubesch: "Diese Mannschaft hat eine unglaubliche Mentalität gezeigt. Sie war auf den Punkt fixiert. Sie hat zelebriert, dass man mit Mentalität Qualität schlagen kann. Davor muss ich den Hut ziehen. Wir können hier alle hoch erhobenen Hauptes abreisen. Alle, die dabei waren, werden sich ein Leben lang daran erinnern. Sie haben eine Riesen-Geschichte aus dieser WM gemacht, dazu kann man ihnen nur gratulieren. Aber man muss schon sagen: Wenn wir zu dieser Mentalität auch noch mehr individuelle Klasse gehabt hätten, dann hätten wir hier Weltmeister werden können."
SID: "Sind Ihr Platzverweis im Spiel gegen Südkorea und die folgende Sperre gegen Kamerun mit Turnierende auch abgehakt?"
Hrubesch: "Es war schon ein bisschen ärgerlich. Zumal es mein erster Platzverweis als Trainer war und er nicht berechtigt war. Aber es gibt für alles ein erstes Mal. Heute kann ich darüber lachen."
SID: "Sie haben mit dieser Mannschaft als U19 im Vorjahr die EM gewonnen, mit der U21 im Juni ebenfalls und nun diese WM absolviert. Sind Sie froh, dass nun endlich mal Ruhe einkehrt oder haben Sie Angst, in ein Loch zu fallen?"
Hrubesch: "Der Kick wird mir sicher nicht fehlen. Ich werde in kein Loch fallen. Es waren tolle zwei Jahre, die Riesenspaß gemacht haben. Aber es macht auch Riesenspaß, nun eine neue Mannschaft aufzubauen."