Frankfurt.. Bundestrainer Joachim Löw muss in den EM-Qualifikationspartien gegen Polen und Irland auf viele Leute aus Reihe zwei setzen. “Auf einigen Positionen haben wir auch schon Probleme“, hat der Bundestrainer eingeräumt. Ein weltmeisterliches Grundgerüst bleibt ihm allerdings.

Es hat wirklich herrlich ausgesehen, wie herzlich da Jerome Boateng dem Antonio Rüdiger gratulierte. Der eine, der beim VfB Stuttgart spielt und vom neuen Assistenztrainer Thomas Schneider mit dem verglichen wird, der beim FC Bayern angestellt ist, hatte im Übungsspielchen auf dem regennassen Rasen hinter der Frankfurter Arena gerade ein tolles Tor erzielt, als der bulligere der beiden heraneilte. Bitte die Innenflächen der Hände bereithalten, signalisierte Boateng, um dann Rüdiger so kräftig abzuklatschen, dass der fast umfiel.

Kramer neben Kroos

Man muss das verstehen: So häufig dreschen Abwehrspieler selbst im Training die Kunststoffkugel nicht unter die Aluminiumlatte – da darf man sich ruhig einmal freuen. Zwar liefen die letzten Teile der Vorbereitung auf das EM-Qualifikationsspiel in Polen (Samstag 20.45 Uhr/live RTL) hinter blickdichten Planen ab, aber in den geöffneten Sequenzen war deutlich zu erkennen, was Joachim Löw mit seinem Kompagnon Schneider plant: nämlich dem Stuttgarter Rüdiger, 21 Jahre, zwei Länderspiele, den vakanten Posten des rechten Verteidigers anzuvertrauen.

Und deswegen spielt der begabte, schnelle, bisweilen aber ungestüme Novize selbst bei „Sieben-gegen-Sieben“ schon mal Seite an Seite mit den anderen Kandidaten für die hinterste Reihe. Der linke Block wird dabei von Dortmundern gebildet: Mats Hummels und Erik Durm. Der zentrale Verteidiger wird zwar noch ein bisschen brauchen, bis er wieder in den weltmeisterlichen Zustand wechselt, bei seinem Vereinskollegen von der Flanke ist nicht sicher, ob er ihn je erreicht. Spielen soll Durm wohl im Nationalstadion von Warschau trotzdem.

„Auf einigen Positionen haben wir auch schon Probleme“, hat der Bundestrainer eingeräumt. Zum Beispiel auf den Außenbahnen. Torwart Manuel Neuer kann nicht versprechen, dass die vielen Lücken aus den vergangenen beiden Länderspielen auf Anhieb geschlossen werden. „Wir versuchen das“, so der Kapitän. „und wenn wir zu Null spielen, werden wir gewinnen.“

Der Gastgeber habe sich allerdings als „kampfstarke Mannschaft in vielen Bereichen weiterentwickelt“, wie Schneider vor dem für heute um 10.45 Uhr anberaumten Abflug vom Frankfurter Airport zu verstehen gab. Trotzdem solle man „nicht herumjammern“, sagte der 41-Jährige. Obwohl Löws neuer Zuarbeiter partout nichts über die Aufstellung verraten wollte, schimmert die Startelf bei nur noch 16 verbliebenen Feldspielern klar durch. Mangels Alternativen darf sich Christoph Kramer neben dem Neu-Madrilenen Toni Kroos im defensiven Mittelfeld als gesetzt fühlen. „Ich bin sicher mit meinen sieben Länderspielen kein Leader auf dem Platz“, sagte der 23-Jährige am Donnerstag, aber er habe auch „keine Scheu etwas zu sagen.“

Kramers Startelfeinsatz ist wahrscheinlich

Der Startelfeinsatz des kilometerfressenden Mönchengladbachers, der mittels Bauernschläue die Belastungen ausblendet („Ich bilde mir ein, dass ich fit bin“), gilt als abgemacht. Genau wie davor auf jeden Fall Thomas Müller gesetzt ist. Niemand versprüht aktuell mehr Spiel- und Lebensfreude. Für den 25-jährigen steht fest: „Gefühlsmäßig bringt mich dieses Spiel nicht ins Wanken.“ Ist doch eben nur Polen und nicht Argentinien.

Sollten nun wie erwartet André Schürrle und der in seiner alten Heimat besonders motivierte Lukas Podolski („Man kennt die Sprache, man kennt alles. Das ist für mich ein bisschen einfacher als für die Anderen“) nominell die Flügel besetzen und WM-Goldjunge Mario Götze als Spitze aufgeboten werden, wird diese Formation nicht in Stein gemeißelt sein. Unikum Müller („Ich kann rechts, links, Mitte oder vorn“) drückte die Rollenverteilung so aus: „Bei uns ist kein Spielertyp nur auf eine Position festgelegt. Wenn man es negativ beschreiben will, sagt man, wir laufen wild durcheinander. Wenn man es positiv meint, rochieren wir viel.“

Eben möglicherweise wie beim ersten Arbeitssieg gegen Schottland (2:1) so lange, bis es etwas zu feiern gibt.