Frankfurt/Main. Das Rätselraten um die Zukunft von Joachim Löw ist beendet. Der 54-Jährige bleibt bis zur Fußball-Europameisterschaft 2016 in Frankreich im Amt als Bundestrainer. Nach dem Titelgewinn bei der WM in Brasilien wurde spekuliert ob Löw, wie Kapitän Philipp Lahm, aufhört.
Joachim Löw bleibt auch nach dem WM-Triumph Bundestrainer der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. "Ja, im Moment kann ich mir nichts Schöneres vorstellen, als mit dieser Mannschaft weiterzuarbeiten, sie zur Europameisterschaft nach Frankreich zu führen, das Team, die einzelnen Spieler weiter zu entwickeln. Ich bin so motiviert wie am ersten Tag beim DFB", erklärte der 54-Jährige am Mittwoch in einem Interview auf der Homepage des Deutschen Fußball-Bundes. An einen möglichen Rücktritt und eine Kündigung seines bis 2016 datierten Vertrages habe er "keine Sekunde gedacht", sagte Löw.
EM-Sieg ist die nächste Titelmission für Löw
Stattdessen will er die DFB-Auswahl zur nächsten Titelmission bei der EM in zwei Jahren führen. "Wir haben in Brasilien einen gigantischen Erfolg gefeiert, es gibt aber noch weitere Ziele, die wir erreichen wollen. Die WM 2014 war für alle ein Höhepunkt, sie war aber noch kein Abschluss."
Nach dem 1:0 nach Verlängerung im WM-Endspiel gegen Argentinien in Rio de Janeiro hatte Löw sich zunächst noch Bedenkzeit erbeten. "Ich habe einfach ein paar Tage gebraucht, um alles sacken zu lassen, um die Emotionen in den Griff zu bekommen, um den Blick wieder klar nach vorn zu richten", sagte Löw.
Nach zehn Tagen kam nun das von DFB-Präsident Wolfgang Niersbach erhoffte wie erwartete Bekenntnis zum Bundestrainer-Job. "Wir wollen weiter zusammenbleiben, weil es wunderbar passt, fachlich, menschlich, atmosphärisch", hatte Niersbach schon am vergangenen Wochenende betont. Der Vertrag mit Löw war auch auf Initiative des Verbandbosses im Oktober 2013 nach der geglückten WM-Qualifikation vorzeitig verlängert worden.
Noch kein Nachfolger für Löws Co-Trainer Hansi Flick
Löw auf den Spuren von Helmut Schön
Sechs von zehn Bundestrainern haben Titel gewonnen für Deutschland. Vier gingen leer aus. Joachim Löw ist seit dem WM-Titel in Brasilien in den erlesenen Kreis aufgestiegen und kann jetzt auch noch Europameister werden. Titel bei EM und WM - das glückte außer Löw nur Helmut Schön.
Die Bundestrainer im Überblick: Otto Nerz (1926 bis 1936); Sepp Herberger (1936 bis 1964), Weltmeister 1954; Helmut Schön (1964 bis 1978), Europameister 1972, Weltmeister 1974; Jupp Derwall (1978 bis 1984), Europameister 1980; Franz Beckenbauer (1984 bis 1990), Weltmeister 1990; Berti Vogts (1990 bis 1998), Europameister 1996; Erich Ribbeck (1998 bis 2000); Rudi Völler (2000 bis 2004); Jürgen Klinsmann (2004 bis 2006); Joachim Löw (seit 2006), Weltmeister 2014. (dpa)
Das nächste Länderspiel steht am 3. September in Düsseldorf mit der Neuauflage des WM-Finals gegen Argentinien an. Vier Tage später beginnt mit dem Duell gegen Schottland in Dortmund die EM-Qualifikation, in der Irland, Polen, Georgien und Gibraltar die weiteren Kontrahenten sind.
Löw muss bis dahin noch wegweisende Personalentscheidungen treffen. Nach dem Wechsel seines Co-Trainers Hansi Flick ins Amt des DFB-Sportdirektors steht die Benennung eines neuen Assistenten aus. "Was Hansis Nachfolge angeht, verspüre ich überhaupt keinen Zeitdruck oder akuten Handlungsbedarf, wir haben schon noch Zeit", sagte Löw. Gesucht wird auch ein Nachfolger von DFB-Kapitän Philipp Lahm, der als bislang einziger Weltmeister seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft erklärt hat.
Löw übernahm nach dem deutschen WM-Sommermärchen den Job von Klinsmann
Mit seiner Entscheidung folgt Löw den Vorbildern Sepp Herberger und Helmut Schön, die als Weltmeister-Trainer nach den WM-Siegen 1954 und 1974 ebenfalls im Amt blieben - bei den folgenden Turnieren aber kein Fortune mehr hatten. Einzig der damalige Teamchef Franz Beckenbauer trat nach dem WM-Triumph 1990 ab.
Löw übernahm 2006 nach dem deutschen WM-Sommermärchen die Bundestrainer-Rolle von seinem Chef Jürgen Klinsmann. Bei der EM 2008 führte er das DFB-Team auf Platz zwei. Bei WM 2010 und EM 2012 war im Halbfinale Endstation. In Brasilien folgte mit dem vierten WM-Titel für Deutschland die Krönung der Karriere für Löw. Mit einem EM-Erfolg 2016 würde er als einziger Bundestrainer neben Schön zwei große Turniererfolge vorweisen können.(dpa)