Pilsen. “Total zufrieden“ reiste Uli Hoeneß aus Pilsen heim. Das erste Etappenziel in der Champions League haben seine Bayern schon erreicht. Auch dank Klassik-Stürmer Mandzukic, der für Trainer Guardiola zum “Plan B“ heranreift, den er in Barcelona nicht hatte.

Mit einem Glas Rotwein stießen Uli Hoeneß und Pep Guardiola in der Bier-Metropole Pilsen auf den flotten Durchmarsch ins Achtelfinale der Champions League an und steckten dann über eine Stunde die Köpfe zusammen. Im angeregten Gespräch über Fußball und die spezielle Kultur des FC Bayern München waren sich Präsident und Trainer als Tischnachbarn beim Bankett rasch einig über die Note 1 im Champions-League-Zwischenzeugnis, das sie der Mannschaft schon zwei Spieltage vor Abschluss der Gruppenphase ausstellen konnten.

"Wir können total zufrieden sein. Dass wir nach vier Spielen zwölf Punkte haben, ist eine fantastische Sache. Wir haben gerade diskutiert und festgestellt, dass wir der einzige Club sind, der jetzt zwölf Punkte hat", berichtete der Präsident stolz, als er um kurz vor zwei Uhr in der Nacht auf sein Hotelzimmer verschwand.

Uli Hoeneß, Anwalt der Spieler

Nach dem Wirbel im Vorfeld um seinen Steuerprozess war es ein angenehmer Tag für Hoeneß, der sich nach der mauen Vorstellung beim 1:0 bei Viktoria Pilsen zum Anwalt der Spieler aufschwang. "Du kannst nicht von den Jungs erwarten, dass sie acht oder neun Monate im Jahr Topleistungen bringen. Man muss auch mal so Spiele mit 80, 90 Prozent gewinnen können", verkündete der Vereinspatron.

Einen Start mit vier Siegen hatten die Münchner in Europas Königsklasse bei ihren 16 Teilnahmen zuvor erst einmal hingelegt, in der Saison 2010/11. "Wir haben uns nicht mit Ruhm bekleckert, aber gewonnen. Man braucht nicht groß negativ zu werden", resümierte auch Nationalspieler Thomas Müller nach der "engen Kiste" vor 13 360 Zuschauern im ausverkauften Stadion des tschechischen Meisters.

Müller hatte sich bis zu seiner Auswechslung nach einer Stunde erfolglos als spielender Mittelstürmer abgerackert. Aber erst als Guardiola auf die Klassik-Lösung mit Mario Mandzukic umstellte, stellte sich prompt der Erfolg ein. Der eingewechselte Kroate köpfte eine Flanke von Philipp Lahm ins Tor (65. Minute), Plan B war einmal mehr aufgegangen. "Wenn wir einen Mann für die Bälle mit der Brechstange brauchen, dann haben wir den mit Mario Mandzukic. Ich möchte ihn nicht missen", stellte Hoeneß fest.

Guardiola und der echte Neuner

Der Präsident verriet, dass Guardiola sich zunehmend für einen echten Neuner erwärmt. Vielleicht war ja das mit der angekündigten Korrektur seines Konzeptes gemeint. "Guardiola war zuerst vielleicht der Meinung, man kann auch ohne Mittelstürmer spielen. Aber er respektiert das sehr wohl, dass es diesen Plan B mit einem Mandzukic gibt", erzählte Hoeneß. Den Spanier zeichne aus, dass er "nicht stur" sei. Er will dem FC Bayern nicht mit Gewalt sein Barcelona-Ideal überstülpen.

Für Hoeneß ist das wichtig und richtig: "Das ist der große Unterschied zwischen unserem Spiel und dem vom FC Barcelona. Barcelona hat einen Plan A, der ist perfekt, aber einen Plan B haben sie weniger, das haben wir in den zwei Spielen gegeneinander festgestellt", erinnerte der Präsident an die Halbfinalsiege der vergangenen Königsklassen-Saison (4:0, 3:0). Guardiola lasse sich von Trainings- und Spieleindrücken überzeugen. "Er ist längst ein Verfechter von Mario Mandzukic", verriet der Präsident.

Der Kroate (8 Ligatore, 2 in der Champions League) verleiht mit seiner Wucht und Kopfballstärke dem Angriffsspiel eine persönliche Note. Mandzukic schafft Lösungen, wenn das Kombinationsspiel hakt oder ein Ausnahmekönner wie Franck Ribéry mal nicht zaubert.

Rekord eingestellt

Mit seinem Treffer sorgte Mandzukic zudem dafür, dass aus einem Spiel, das eigentlich "keines für die Geschichtsbücher des Europapokals" war, wie Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge in seiner Bankettrede anmerkte, doch ein historisches wurde. Mit dem neunten Erfolg in Serie stellten die Münchner den Sieg-Rekord des FC Barcelona in der Königsklasse ein. "Ich bin sehr, sehr glücklich, dass wir diesen Rekord haben", sagte Guardiola, der gleich nach vorne schaute: "Ich hoffe, wir werden ihn in Moskau verbessern." Den Ruhm mochte der Spanier aber nicht für sich allein beanspruchen. Schließlich war sein Vorgänger Jupp Heynckes für fünf der neun Siege verantwortlich: "Jupp hat größeren Anteil an diesem Rekord als ich."