Berlin. Nico Schulz, Anthony Brooks, Timo Werner oder Antonio Rüdiger - alles Namen, die den Fußball-Fans noch kaum geläufig sind. Namen, die aber auch für die Philosophie bei Hertha BSC und dem VfB Stuttgart stehen.
Die beiden Bundesliga-Clubs, die am Freitag im Olympiastadion zum Auftakt des fünften Bundesliga-Spieltags aufeinandertreffen, setzen auf hoffnungsvolle Talente statt auf teure Millionen-Stars. Eine Marschroute, die angesichts der finanziellen Altlasten sicher auch aus der Not heraus geboren ist. "Es war schon im letzten Sommer unser Ziel, mit jungen Spielern eine Entwicklung anzuschieben - das ist uns mit Nico und John Anthony Brooks gelungen", sagte Herthas Trainer Jos Luhukay, der sich auf eine gelungene Nachwuchsarbeit stützen kann und weitere Talente wie Hany Mukhtar in der Hinterhand hat.
Das war seinen Vorgängern nicht immer vergönnt. Hertha stand in dem Ruf, seine Ressourcen im Nachwuchsbereich zu verschwenden. Bestes Beispiel: Die Boateng-Brüder Jerome und Kevin-Prince fanden erst außerhalb von Berlin ihr Fußball-Glück. Gegner Stuttgart definiert sich seit Jahren über seine Jugendarbeit. Als Rekordmeister in der A- und B-Jugend darf sich der Club seit Jahren für seine Nachwuchsförderung rühmen. Zuletzt sind die Schwaben, die sich einst wegen Spielern wie Kevin Kuranyi, Sami Khedira oder Mario Gomez mit dem Label "Junge Wilde" schmückten, indes ein wenig von ihrem Weg abgekommen. Der geschasste Trainer Bruno Labbadia reagierte auf Fragen nach den Einsatzzeiten der Jugendspieler oft gereizt.
Sein Nachfolger Thomas Schneider möchte den Verjüngungsprozess in Stuttgart wieder in Gang bringen. "Ich habe es mir auf die Fahne geschrieben, dass die jungen Spieler wieder ein besseres Standing bekommen, als es zuletzt der Fall gewesen ist", kündigte der 40 Jahre alte Ex-VfB-Profi bei seinem Amtsantritt vor knapp drei Wochen an. Beim 6:2-Sieg gegen 1899 Hoffenheim verhalf Schneider dem 17-Jährigen Timo Werner zu dessen Startelf-Debüt. Der sorgte für viel Schwung und bereitete zwei Tore vor.
Schneider ist für die Jugendausrichtung geradezu prädestiniert. Seit 2011 war er Coach der U17 des VfB Stuttgart. 2012 führte er die B-Jugend des Clubs ins Endspiel um die deutsche Meisterschaft - und verlor das Finale gegen Berlin 0:2. Für den VfB war damals unter anderem Werner im Einsatz, auf der Gegenseite spielte Mukhtar. Ein Jahr später holte sich der VfB den Titel zurück. Durch ein 1:0, der Gegner hieß wieder Hertha.
Gute Nachwuchsarbeit, die sich nun im Profibereich auszahlt. "Wir können froh sein, dass wir einen jungen Spieler haben, der bei Hertha ausgebildet wurde und in der Zukunft noch sehr wertvoll werden kann", sagte der Hertha-Coach beispielsweise über Youngster Schulz. Der gebürtige Berliner kam wegen der Verletzung des Neuzuganges Johannes van den Bergh am dritten Spieltag gegen den Hamburger SV zum Debüt in der ersten Elf und bereitete das Siegtor vor. "Nico ist noch voll in seiner Entwicklung. Links vorne hat er eine gute Qualität", lobte ihn sein Trainer. Gerne hätte der Niederländer auch Mukhtar im Mittelfeld eine Chance gegeben. Der 18-Jährige hatte sich jedoch bei der U-19 verletzt. "Hany könnte auch so ein Spieler sein, der diesen Schritt machen kann", meinte der Hertha-Coach.