München.. Die Defensive ist seit Tagen das bestimmende Thema rundum der Deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Gegen Österreich war die Löw-Elf in der Lage, die Null zu halten - was jedoch vor allem an der Harmlosigkeit des Gegners lag. Kehrt Mats Hummels gegen die Färöer Inseln in die Abwehrzentrale zurück?
Um die Bedeutung dieses Erfolges nachempfinden zu können, ist es notwendig, sich an folgende Vorstellung heran zu wagen: Die Null steht auf der falschen Seite.
Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft verliert gegen Österreich und kassiert dabei drei Gegentreffer. 0:3. Es kann dann nicht berichtet werden über Fortschritte beim Bau eines Hochsicherheitstraktes. Es muss stattdessen schon wieder berichtet werden über die deutsche Schießbude. Es ist keine Fünf-Punkte-Komfortzone, die die Auswahl von Bundestrainer Joachim Löw in der Tabelle von den Schweden trennt (vor Austria). Es sind bei einem 0:3 nur noch zwei magere Zähler – und deshalb wird intensiv über eine Last-Minute-Verpflichtung von Meister-Nuller Huub Stevens nachgedacht.
Bei Letzterem handelt es sich um eine besonders gewagte Vorstellung.
Löw will nicht der Riegel-Jogi sein
Zurück in die Wirklichkeit. Dass der 3:0-Sieg gegen die Österreicher in München dem deutschen Fußball eine Menge Scherereien erspart hat, kann aber als gesichert gelten, obwohl Löw sich nach dem Riesenschritt auf dem Weg zur WM in Brasilien lässig um Gewichtsreduzierung bemühte. Warum wurde diese Qualifikationspartie gewonnen? Einfach, weil man im Vergleich zum Test gegen Paraguay (3:3) mehr Lernzeit gemeinsam verbringen konnte. Und wie kam es zur Vollsperrung vor dem eigenen Tor? Siehe vorn.
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Und außerdem mag der Bundestrainer ihm angetragene Rollen wie die des Die-Null-muss-stehen-Huub oder Riegel-Jogi nicht ausfüllen: „Es ist sicher erfreulich, freut mich auch, letztendlich zählt aber, wer siegt.”
Will sagen: Quatscht von mir aus bis zum Mundausfranseln über einen Mangel an Balance zwischen Offensive und Defensive, über einen Mangel an Stabilität, über individuelle Fehler, ich hätte auch ein 4:3 hübsch gefunden. Wobei: Individuelle Fehler beleidigen offensichtlich doch den Geschmack des Angriffsästheten. Löw lobte nach der Drei-Punkte-Einfuhr durch den Treffer von Miroslav Klose, mit dem der Wahlrömer den Allzeit-Torrekord (68) von Gerd Müller einstellte, durch Toni Kroos und Thomas Müller das gesamte Ensemble dafür, dass es kollektiv „umgeschaltet” hatte. Er hielt fest: „Was den Kopf betrifft, auch diese Defensivarbeit zu machen, war das schon sehr gut.”
Ein Kopf war auf dem Rasen der Arena allerdings gar nicht erst zu sehen. Der von Mats Hummels. Der Stolz des Dortmunders dürfte an diesem Abend mit Tut-nix Austria, an dem die deutsche Fußballstube rein ergebnismäßig wieder perfekt aufgeräumt wurde, sehr gelitten haben. In der Innenverteidigung platzierte der Bundestrainer Jerome Boateng und Per Mertesacker. Begründet hat er diese Maßnahme damit, dass Hummels zuletzt in der Nationalmannschaft, aber auch beim BVB „ein bisschen die Sicherheit des vergangenen Jahres” abhanden gekommen sei. Ein Stich, der saß.
Und als Heilkundler, der sich um das Schließen der Wunde bemühte, zeigte sich Löw darüber hinaus nicht talentiert. Er sei nach wie vor „ein großer Fan von Hummels”, verkündete er und beschied dem 24 Jahre alten, reflektierten, eloquenten Meinungsbildner, Anführer der Schwarzgelben dann noch im patriarchalischen Werd-du-erstmal-erwachsen-Stil, es handle sich bei ihm um einen „klasse Jungen”.
Am Sonntag nun schickte der Chef Mertesacker und Boateng zur Nachbereitung zur Pressekonferenz. Es lässt sich aber davon ausgehend diesmal nicht über den Personalbogen für die Begegnung mit den Färöern am Dienstag in Torshvan spekulieren. Gegen die Färöer könnte Hummels also schon wieder in den Kampf ziehen. Weil die Färörer eben die Färöer sind, 50 000 Insulaner, die sich eine Nationalelf leisten wie deutsche Dorfklubs einen Bezirksligisten, und weil es nie schaden kann, ein Händchen voller Stolz zurückzugeben.
Im Hotel unter Wikingern
Mit Blickrichtung Zukunft. Der erfahrene Mertesacker hat es erklärt: „Wichtig ist, dass wir breit aufgestellt sind.” Weil vor einer WM viel geschehen kann. Montag und Dienstag zum Beispiel wohnt die deutsche Nationalmannschaft mit der einheimischen in einem Hotel. Und diese Färinger sind Nachfahren der Wikinger.