Bochum. Bei jedem Bundesligaspiel sind sie im Einsatz: Die Beamten der Bundespolizei kümmern sich an Spieltagen um die Sicherheit in Zügen und Bahnhöfen. In der kommenden Saison wollen sie stärker mit Fans kooperieren - und klagen: Die Gewalt der Fußballanhänger habe zugenommen.

Ginge es nach ihm, hätte Oliver Humpert mit Fußball nichts am Hut. Doch sein Job verlangt es, dass er dem Fußball und dessen Fans große Aufmerksamkeit schenkt. Humpert leitet die Bundespolizeiinspektion Dortmund. Diese ist auf der Fußballkarte zuständig für den FC Schalke 04, Borussia Dortmund, VfL Bochum, Rot-Weiss Essen und Wattenscheid 09.

Während die Fans ihre Mannschaften feiern, bedeuten Spieltage für Humpert und sein Team Schwerstarbeit. Sie nehmen die gegnerischen Fans am Bahnhof in Empfang, begleiten Zugfahrten, bieten den Vereinen sogar Zusatzzüge an, mit denen besonders problematische Gruppen geschlossen reisen können. Doch manche Fangruppen - wie zum Beispiel einige Ultras der Schalker - lehnen diese Angebote aus Prinzip ab. "Bei manchen Gruppen gibt es einen Kodex, nicht mit der Polizei zu sprechen oder zu kooperieren", sagt Humpert.

Beleidigungen und Widerstandsleistungen sind laut Bundespolizei gestiegen

"Ich habe schon den Eindruck, dass die Gewalttendenz eher nach oben geht", sagt Jochen Dawidowski, szenekundiger Beamter für Schalke und RWE. Seit vielen Jahren beobachtet er die Fanszene der Vereine, kooperiert mit Fanclubs und Fanprojekten. Er kennt die, die sie "Problemfans" nennen, nur zu gut. Als solche, sagt Humpert, würden Fans bezeichnet, die beispielsweise durch Gewalt, das Zünden von Pyrotechnik oder Fehlverhalten unter Alkoholeinfluss bereits aufgefallen sind. "Die kommen oft aus der Ultraszene - man muss da jedoch ganz fein differenzieren. Ultra ist nicht gleich Ultra", sagt er.  

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"Besonders Beleidigungen und Widerstandsleistungen gegen uns Beamte sind gestiegen", sagt Dawidowski. Er selbst wurde schon einmal massiv bedroht, als er gemeinsam mit nur einem Kollegen einen RWE-Zusatzzug betreute. Die Szene ging zum Glück glimpflich aus, die Bundespolizei hat jedoch Konsequenzen gezogen: "Seitdem kommt es nicht mehr vor, dass nur zwei Männer einen Essener Zug betreuen", sagt Dawidowski. Auch Harald Bode, szenekundiger Beamter in Sachen BVB, kann das nachvollziehen, sieht jedoch einen Vorteil auf Seiten der Dortmunder: "Die haben eine sehr gute Saison gespielt, da ist das Potenzial geringer." Dennoch: In Sachen Problemfans stehen sich die beiden Rivalen in nichts nach - beide verzeichnen jeweils an die 400.

Auch für die kommende Saison, die am Freitag startet, sieht Humpert keine Entschärfung der Lage: "Von 3,2 Millionen Fußballreisenden in ganz Deutschland sind es im Ruhrgebiet allein 600.000. Das ist ein echter Knotenpunkt." In Minden musste sogar schon einmal via Hubschrauber Verstärkung eingeflogen werden, weil Schalker und Dortmunder Fangruppen beim Umsteigen aufeinander gestoßen sind. "Das war für zehn Minuten ein riskanter Hotspot", sagt Humpert.

Keine Pauschalisierung von Fangruppierungen

Endgültig verhindern kann die Bundespolizei die Auseinandersetzungen noch nicht. Doch die Beamten haben Schlüsse aus der Vergangenheit gezogen, setzen sich frühzeitig an die Einsatzplanung, prüfen, wann welche Fans wohin reisen. "Vor allem unser strategisches Vorgehen haben wir ausgearbeitet", sagt Humpert.

Man wolle weg vom Vorurteil, alle Fußballfans seien für Polizisten gewalttätig und kriminell. "Wir versuchen so intensiv wie möglich mit den Fans zu kooperieren und kommunizieren, gehen gegen jede Art von Gewalt vor, arbeiten mit Videobeweisen, um identifizierend vorzugehen und schöpfen die rechtlichen Sanktionen aus", sagt Humpert. Denn ein bundesweites Stadionverbot sei für einen Fan eine größere Strafe als 100 Euro Schmerzensgeld.