Dortmund/Gelsenkirchen. Keine Verabschiedung für Mario Götze in Dortmund - eine zweite rauschende Abschiedsparty für Raul auf Schalke. Die Gründe sind klar: Der eine hinterließ an früherer Wirkungsstätte gebrochene Herzen, der andere hat auf immer einen Platz in den Herzen der königsblauen Fans sicher. Ein Kommentar.
Im deutschen Sprachgebrauch ist die „gebührende Verabschiedung“ eine gängige Floskel. Was „gebührend“ ist, bleibt dabei Interpretationssache, wie gerade die beiden ewigen Revier-Fußballrivalen Schalke 04 und Borussia Dortmund demonstrieren.
In Dortmund gibt es vor dem Supercup-Duell am Samstag (20.30 Uhr) keine offizielle Verabschiedung des zum FC Bayern München gewechselten Mario Götze. Laut Bild-Zeitung in Absprache mit dessen Berater. Weil der immer noch an den Folgen einer Verletzung laborierende Nationalspieler offenbar wenig Lust auf Pfiffe hatte und der BVB seine Fans nicht unnötig provozieren mochte.
Auf Schalke dagegen wird Señor Raul über ein Jahr nach seinem letzten, emotionsgeladenen Punktspiel für die Königsblauen eine zweite rauschende Abschiedsparty bereitet: Das unter dem Motto „Gracias Raul“ stehende, seit langem ausverkaufte Testspiel gegen Rauls neuen Klub Al-Sadd Sports aus Katar (Samstag, 17.30 Uhr) hat der Verein offiziell zu einer „Huldigung“ des früheren Stars von Real Madrid erhoben, hemmungslose kommerzielle Ausbeutung inklusive.
Raul hat die Schalker Seele gestreichelt
Wer nur auf die Ergebnisse schaut, kommt nicht um die Feststellung herum: Mario Götze hat rein sportlich bei der Borussia (zwei Meisterschaften, ein Pokalsieg) weit mehr bewirkt als Raul – einigen zum Niederknieen schönen Toren zum Trotz – bei seinem nur zweijährigen Intermezzo auf Schalke. Aber während der gerade mal 21-jährige Dortmunder Offensivspieler mit seinem völlig überraschenden Wechsel zum FC Bayern vielen BVB-Anhängern am Ende das Herz zerriss, wird Raul, dieses Pathos sei erlaubt, immer einen Platz in den Herzen aller Schalker behalten.
Weil der Spanier, in seiner Heimat schon vorher eine Ikone, mehr als jeder andere Spieler der jüngeren königsblauen Vergangenheit die Schalker Seele gestreichelt hat, bleibt er als Vertreter einer aussterbenden Spezies in Erinnerung: weltberühmt und doch zutiefst bescheiden, Hysterie auslösend, aber selbst eher scheu.
Nicht alle Ex-Schalker werden heute umjubelt
Sicher, jede Verehrung birgt die Gefahr der Überhöhung. Und angesichts mancher Verbeugungen vor Raul wie der Nichtmehrvergabe der Rückennummer 7 oder der schnellen Berufung in die Schalker Ehrenkabine hinterfragen gerade alteingesessene S04-Anhänger aus gutem Grund die Verhältnismäßigkeit im Vergleich zur Behandlung anderer Schalker Idole.
Dennoch gibt es am Samstag auf Schalke wohl niemanden, der sich nicht auf das Wiedersehen mit Raul freut. Was bekanntlich nicht auf alle einstmals umjubelten Spieler der Königsblauen zutrifft. Wie heißt noch mal Schalkes Götze?