Dortmund.. Robert Lewandowski will Borussia Dortmund zum Champions-League-Titel schießen. Seine Zukunft sieht der polnische Top-Torjäger, dessen Vertrag 2014 ausläuft, dennoch beim Final-Gegner FC Bayern München. Die Frage ist, wann genau dieser neue Karriereschritt erfolgen wird.

Es gibt dieses alte Foto von Robert Lewandowski, ein Kinderbild, Mitte der 90er-Jahre aufgenommen. Ein junger Fußballer im Deutschland-Trikot. Damals war die DFB-Elf, just in Wembley Europameister geworden, ungemein populär in Polen. Und der junge Lewandowski trug, sichtlich stolz, die Farben des Nachbarn. Kinder sind immer gern bei den Siegern.

Nun trägt der 24-jährige Pole längst das Nationaltrikot seines Heimatlandes – bei den großen Turnieren aber, bei EM oder WM,  wird Robert Lewandowski nur von Titeln träumen können. Im Klubfußball dagegen stehen dem Stürmer modernster Prägung die Türen offen, hier kann er sich auf der großen, der ganz großen Bühne präsentieren. Er ist mit dem BVB Deutscher Meister und DFB-Pokalsieger geworden – und am Samstag kann der Pole mit den Dortmundern auch die Champions League gewinnen. Kann man mehr verlangen? Man kann.

Denn die Borussia, daran besteht kein Zweifel, ist für den umworbenen Stürmer nur eine Zwischenstation, die in wenigen Wochen oder spätestens im Sommer 2014, wenn sein Vertrag ausläuft, abgehakt wird. Ist das, wie manche BVB-Getreue argwöhnen, nun seelenlos? Und der Pole nur ein gnadenloser Karrierist?

Robert Lewandowski ist ein umgänglicher Zeitgenosse. Kein Lautsprecher, kein Eigenbrötler, ein Mitläufer-Typ, den man mit unterschiedlichsten Mitspielern sieht, ganz sicher keiner, der eine eigene Fraktion, eine abgeschlossene Clique bildet, gar anführt. Am häufigsten ist Freundin Anna Stachurska an seiner Seite. Oft hat der Pole ein smartes, fast spitzbübisches Lächeln im Gesicht.

Auf dem Platz aber ist er der offensive Fixpunkt des BVB-Spiels. Und ein eiskalter Vollstrecker. In 98 Liga-Spielen für die Borussia hat er 54-mal getroffen. Sein deutsches Lieblingswort: „Tor“. Und der Pole ist ein Mann für den großen Moment: im DFB-Pokal-Finale gegen die Bayern traf er dreimal,  im Halbfinal-Hinspiel der Champions League gegen Real Madrid schoss er sich mit vier Treffern ins Geschichtsbuch. Und in so ziemlich alle Notizbücher. Längst sind die Spanier und auch die Engländer des FC Chelsea und von Manchester City auf ihn aufmerksam geworden. Klangvolle Namen mit entsprechendem Girokonto. Ein Wechsel hätte ein Volumen von geschätzten 30 Millionen Euro; ein lukratives Geschäft, mit dem sich der BVB durchaus anfreunden könnte.

Es gab wegen Lewandowski schon Kontakt zwischen dem BVB und Bayern

Lewandowski hat aber einen anderen Plan. Und der sieht, schon etwas länger, aus Dortmunder Sicht ausgerechnet den FC Bayern als nächsten Arbeitgeber vor. Dort lockt Trainer Pep Guardiola, dem seit seiner Zeit beim FC Barcelonas der Ruf des Weltbesten seines Fachs vorauseilt, der zudem spielende Stürmertypen bevorzugt – und der eine kontinentale Bayern-Ära begründen soll. Die Macht in Europa. Und der ehrgeizige Lewandowski hat seit seiner Kindheit im DFB-Trikot ein Ziel: der beste Stürmer Europas zu werden. Und das, so ist seine Sicht, gelingt am ehesten, am besten beim FC Bayern. Punkt.

Nur sind die Dortmunder, nach dem unerwarteten Absprung von Mario Götze, fest entschlossen, dem Wechsel einer zweiten Korsettstange zu den Bayern zumindest nicht ohne Not zuzustimmen. Es geht um ein Signal. Das Zeichen, dass der FC Bayern mit den Dortmundern einen Gegner auf Augenhöhe gefunden hat, und kein beliebiges, gar willfähriges Opfer. Deshalb blieb die bei den umtriebigen Lewandowski-Beratern Cezary Kucharski und Maik Barthel platzierte, sündhaft ertragreiche Anfrage aus München lange unbearbeitet liegen. Inzwischen gab es nach Informationen dieser Zeitung zwar Kontakt zwischen den Klubs, bis zum Pokalfinale am 1. Juni aber passiert wohl nichts. Und an der Grundausrichtung hat sich nichts geändert: Die Dortmunder wollen nicht, dass die Bayern auf BVB-Kosten das Leistungsniveau weiter auseinander schieben.

Die Frage ist nicht, ob er geht, sondern wann

Es ist Rivalitäts-Denken, das Lewandowski fremd ist. Und das sein munteres Tor-Schaffen bis dato auch nicht beeinflusst. Vielleicht nehmen die BVB-Fans ihrem Stürmer deshalb nicht übel, dass er sich nicht zu ihrem Klub bekennt. Lewandowski denkt an sich, an seine Karriere, an den nächsten Schritt. Er will zu den Besten gehören. Das war beim BVB der Fall. Aber die Kräfte haben sich in seiner  Wahrnehmung gen Süden verschoben. Daran ändert auch ein erheblich verbessertes BVB-Angebot nichts.

Die Entscheidung, besser, seine Entscheidung ist längst gefallen. Die Frage ist nicht, ob der 24-Jährige geht, sondern wann. Bis dahin wird Lewandowski, schon aus purem Eigeninteresse alles, aber auch alles für den BVB tun. Denn ein Dortmunder Champions-League-Triumph wäre auch ein Sieg für ihn. Entsprechend ist auch der Plan für das große Duell  am Samstag schon gefasst – ein Tor: „Das werde ich meinem verstorbenen Vater widmen."