Essen. Der Beschluss des europäischen Fußball-Verbands Uefa, die Euro 2020 über den ganzen Kontinent zu verteilen, klingt charmant – dabei zerstört er das Besondere eines solchen Turniers. Ein Kommentar von Dirk Graalmann.

Die europäische Idee ist gerade schwer in Mode. Nicht so sehr im Volk, das bei Europa erst an Brüssel und dann an Griechenland denkt. Aber bei den Herren in Amt und Würden und Anzug.

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Erst vor zwei Monaten erhielt die EU den Nobelpreis für ihren Beitrag zur „friedlichen Entwicklung in Europa“. Nun findet das größte kontinentale Sportereignis, die Fußball-EM, im Jahr 2020 auf dem gesamten Kontinent statt. Das Beste, was zu dieser Idee zu sagen ist: Es trägt dazu bei, die europäischen Fußball-Verbände zu befrieden. Mit Ausnahme der Türkei, die das Turnier gerne ausgerichtet hätte. Aber die Türkei und Europa, das ist bekanntlich so eine Sache. Nun soll Istanbul immerhin die Final-Woche beheimaten dürfen, eine Art privilegierte Partnerschaft des Fußballs.

Im Grunde aber ist die Idee seltsam krude – sie suggeriert ein völkerverbindendes Fest des Fußballs, dabei ist es lediglich ein unglaublich zerstückeltes Turnier. Das „WM-Sommermärchen“ im Jahr 2006 lebte davon, dass die gesamte Republik das Gastgeber-Gefühl aufsog, Heerscharen ausländischer Fans und Gäste über Wochen das Land bevölkerten, einen bleibenden Eindruck hinterließen und einen anderen wieder mitnahmen. All’ das wird bei dieser EM 2020 nicht der Fall sein. Allerorten wird für zwei, drei Tage gute Stimmung herrschen – und ansonsten fragt man sich, welche Mannschaft gerade wo unterwegs ist oder spielt.

Michel Platini ist der Gewinner

Der Gewinner steht schon fest: Uefa-Präsident Michel Platini. Erst sorgte der Franzose dafür, dass die EM auf 24 Teilnehmer aufgeblasen wird und organisierte sich so das Wohlwollen kleinerer Verbände; und nun kommt das Argument, dass ein einzelnes Land mit dieser Mammut-Veranstaltung überfordert wäre. Es geht bei der Ausrichtung der EM 2020 nicht um Fußball, nicht um Fans, es geht um Politik. Das ist keine exklusive Erkenntnis. Aber das macht die Sache auch nicht besser.