Essen. Wenn es nach den Bayern-Bossen geht, muss Mehmet Scholl sich entscheiden: Ist er Trainer beim FC Bayern München oder TV-Experte bei der ARD. Doch Scholl ist der beste TV-Experte seit langem. Ein Kommentar.

In der Bundesliga fehlen heutzutage Typen wie Stefan Effenberg oder Jens Lehmann. Spieler, die mit ihrer Meinung nicht hinterm Berg halten und auch mal sagen, was sie stört. Die Lahms oder Neuers unserer Zeit sagen selten offen, was sie stört und behalten ihre Gedanken lieber für sich, um bei Verein, Fans und Mannschaftskameraden nicht anzuecken. Oder sie schreiben ein Buch und beteuern nach der Veröffentlichung, dass das alles gar nicht so gemeint gewesen sei wie es dort schwarz auf weiß zu lesen steht.

Mehmet Scholl ist anders. An der Seite von Sportschau-Moderator Gerhard Delling sagt der Ex-Profi seine Meinung – und zwar ungefiltert. Was Scholl in den Sinn kommt, findet auch schnell den Weg ins Mikrofon. Und das ist gut so!

Scholl soll es wie Sammer machen

Doch die Bayern-Bosse sehen das anders. Ihnen ist Scholls Doppelrolle als Kritiker und Bayern-Trainer ein Dorn im Auge. Deshalb fordert Karl-Heinz Rummenigge jetzt eine Entscheidung. Was will Scholl sein: Bayern-Trainer oder TV-Experte?

Die Position der Bayern ist klar: Ein Angestellter des Vereins kann nicht gleichzeitig eben diesen im Fernsehen kritisieren. Auch Bayern-Sportvorstand Matthias Sammer hat seine Nebentätigkeit als Experte bei Sky nach seinem Amtsantritt beendet. Dürfen Bayern-Angestellte keine Meinung haben?

Vor allem die Kritik an Stürmer Mario Gomez ist den Münchenern sauer aufgestoßen. Nach dem EM-Spiel Dänemark attestiert Scholl Gomez zu wenig Laufbereitschaft. „Dass ein Stürmer nicht nach hinten arbeitet, das gibt’s eigentlich im modernen Fußball nicht mehr. Dass einer auf die eine Flanke, auf eine freie Straße wartet. Das ist zu wenig.“ Um dann noch knallhart anzufügen: „Ich hatte zwischendurch Angst, dass er sich wundliegt und mal gewendet werden muss.“

Scholl fordert Typen

Scholl spricht mit seinen Worten häufig genau das an, was 80 Millionen Bundestrainer auf der Couch denken. Auch am Dienstag vor dem Spiel gegen Österreich: „Was wir brauchen, sind Spielertypen, die vielleicht auch mal einen anderen Plan haben als der Trainer. Ich weiß nicht, ob diese Art von Hörigkeit so gut ist.”

Doch genau diese Hörigkeit fordert Rummenigge jetzt von Scholl. Da der ehemalige Mittelfeldspieler seine Meinung aber nie lange zurückhält, wird sicher bald eine Reaktion folgen – hoffentlich in typischer Scholl-Manier.