Amsterdam. Bert van Marwijk hat am Mittwochabend überraschend seinen Rücktritt als Bondscoach der niederländischen Fußball-Nationalmannschaft erklärt. Bei der EM 2012 in Polen und der Ukraine war der Vize-Weltmeister in der deutschen Vorrundengruppe ohne Punktgewinn sang- und klanglos ausgeschieden.

Dem EM-Debakel folgte der Rücktritt von Bert van Marwijk: Der ehemalige Dortmunder Bundesliga-Trainer hat am
Mittwochabend überraschend seinen Posten als Bondscoach der niederländischen
Fußball-Nationalmannschaft aufgegeben. Dies gab der königlich-niederländische
Fußball-Bund KNVB in einer Presseerklärung bekannt.

„Ich habe gezweifelt,
aber dann doch beschlossen, diesen Schritt zu vollziehen“, sagte van Marwijk. Vorausgegangen war eine weitere Zusammenkunft mit
Vertretern des Verbandes, in der die EM 2012 aufgearbeitet werden sollte.
Offenbar traten große Meinungsunterschiede zutage, sodass der 60-Jährige die
Konsequenzen zog. Im Dezember vergangenen Jahres hatte van Marwijk, der Oranje 2010 noch ins WM-Finale geführt hatte,
seinen Vertrag bis 2016 verlängert.

„Es ist traurig zu hören, dass van Marwijk zurückgetreten ist“, sagte Abwehrspieler Gregory
van der Wiel via Twitter, „ich habe schöne und gute Jahre mit ihm erlebt. Ich
bin dankbar, dass ich mein Debüt unter ihm habe feiern dürfen.“

Holland-Stars blieben hinter Erwartungen zurück

Bei der
EM in Polen und der Ukraine war der Vize-Weltmeister in der deutschen
Vorrundengruppe ohne Punktgewinn sang- und klanglos ausgeschieden. Dem 0:1 zum
Auftakt gegen Dänemark
folgte ein 1:2 gegen den Erzrivalen Deutschland und ein
1:2 gegen Portugal. Die hochgelobten holländischen Stars blieben deutlich hinter
ihren Erwartungen und denen der Oranje-Fans zurück.

Dennoch hatten die
Zeichen zuletzt auf Weiterbeschäftigung von van Marwijk
gestanden. „Ein Abschied steht nicht auf der Tagesordnung. Ich finde, dass er
Kredit verdient hat“, hatte KNVB-Chef Bert van Oostveen erklärt.

Van Marwijk habe sich in den vergangenen Jahren als gute Wahl
erwiesen, hatte van Oostveen klargestellt. „Er ist der Mann, der uns problemlos
durch zwei Qualifikationen und ins WM-Finale geführt hat. Das muss man bei einer
Beurteilung berücksichtigen. Außerdem haben wir bewusst seinen Vertrag bis 2016
verlängert.“ Das EM-Aus mit drei Niederlagen sei allerdings „unwürdig“ für
Oranje: „Null Punkte, fünf Gegentore. Das ist uns noch nie passiert“, sagte van
Oostveen.

Feyenoord Rotterdam  gibt Koeman nicht frei

Spekulationen über mögliche Nachfolger hatte es dennoch schon
gegeben. Vizemeister Feyenoord Rotterdam erklärte bereits, seinen Trainer Ronald
Koeman nicht freizugeben.

Gehapert hatte es bei der EM vor allem an der
mannschaftlichen Harmonie. Der Schalker Bundesliga-Torschützkönig Klaas-Jan
Huntelaar
war mit seiner Rolle als Ersatzspieler hinter Robin van Persie vom FC
Arsenal unzufrieden. Es gab interne Querelen bei Oranje.

Trainer Huub
Stevens vom Bundesligisten Schalke 04 hatte sich erst am Dienstagabend in der
Fußball-Talkshow „Studio Voetbal“ des niederländischen Fernsehsenders NOS für
einen Verbleib seines Stürmers Huntelaar in der Elftal ausgesprochen.

Er
verstehe die Berichterstattung der Medien nicht, die nach dem EM-Aus Huntelaar
zum „Stinkstiefel“ gemacht hatten. „So kenne ich Klaas-Jan nicht. Ich habe mit
ihm in letzter Zeit sehr gut zusammengearbeitet. Er ist ein ehrgeiziger Spieler,
der immer gewinnen will. Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass er sich so
danebenbenommen haben soll. Natürlich ist es für ihn nicht angenehm, nicht in
der Stammelf zu spielen und Reservespieler zu sein“, betonte der
S04-Coach. (sid)