Tourrettes. Jetzt ist es amtlich: Schalkes Julian Draxler wird nicht mit der deutschen Nationalmannschaft zur EM reisen. Bundestrainer Joachim Löw gab am Montagabend seine vier Streichkandidaten bekannt. Darunter neben Draxler auch Gladbachs ter Stegen, Sven Bender und Cacau.
Paukenschlag am Pfingstmontag: Völlig überraschend hat Fußball-Bundestrainer Joachim Löw bereits einen Tag vor dem Ablauf der Nominierungsfrist Gladbachs Torhüter Marc-Andre ter Stegen, den Schalker Julian Draxler, Dortmunds Sven Bender und Stuttgarts Cacau aus dem vorläufigen Kader der deutschen Nationalmannschaft für die EM-Endrunde in Polen und der Ukraine (8. Juni bis 1. Juli) gestrichen. Löw gab der seine Entscheidung um 17.30 Uhr im Trainingslager der DFB-Auswahl im südfranzösischen Tourettes bekannt.
Löw muss erst am Dienstag bis 12.00 Uhr seine 23 EM-Starter bei der Europäischen Fußball-Union UEFA melden. Der Bundestrainer hatte am 7. Mai insgesamt 27 Spieler in seinen vorläufigen Kader berufen. Das ausgemusterte Quartett nahm am Montagnachmittag schon nicht mehr am Training teil. Die Entscheidung wurde den Aussortierten in einem persönlichen Gespräch mitgeteilt. Alle vier Spieler traten im Laufe des Montags den Heimflug nach Deutschland an. Löw wird sich am Dienstag zu der Entscheidung äußern.
Für enttäuschten Schalker Draxler war schon die Einladung ein Gewinn
"Natürlich bin ich enttäuscht. Dennoch waren die Tage im Kreis der Nationalmannschaft für mich eine interessante Erfahrung", sagte ter Stegen. Ähnlich äußerte sich Bender. "Es tut mir selbstverständlich leid, dass ich nach Hause fahren muss. Ich nehme jedoch viele wichtige Eindrücke mit, die für meine weitere sportliche Entwicklung wertvoll sein werden", sagte der Dortmunder: "Gleichzeitig freue ich mich für meinen Bruder Lars, dass er bei der EM dabei sein wird."
Jungstar Draxler sieht bereits die Teilnahme an der Vorbereitung als Gewinn an. "Die Einladung in den erweiterten EM-Kader war für mich schon ein Riesenerfolg. Das intensive Training und die gute Gemeinschaft haben mich beeindruckt", sagte der 18 Jahre alte Schalker.
Frustrierter Cacau wünscht der Nationalelf viel Erfolg für die EM
Äußerst Enttäuscht zeigte sich Cacau, dessen Streichung die größte Überraschung war. "Es war mein großes Ziel, nach der WM in Südafrika auch bei der EM 2012 für die deutsche Nationalmannschaft auflaufen zu dürfen", sagte der Stuttgarter: "Wie die jüngeren Spieler bin auch ich enttäuscht, aber ich fühle mich weiterhin als Teil der Mannschaft und wünsche ich ihr von ganzem Herzen, dass sie eine tolle EM spielt."
Vor der EM 2008 hatte es auf Mallorca Marko Marin, Patrick Helmes und Jermaine Jones getroffen. Andreas Beck wurde dann vor der WM 2010 von Löw in Südtirol noch als einziger aus dem Aufgebot gestrichen, nachdem sich zuvor während der Vorbereitung bereits der damalige Kapitän Michael Ballack, Christian Träsch und Heiko Westermann verletzungsbedingt abmelden mussten.
Bundestrainer Löw gibt ausgemusterten Spielern Anlass zur Hoffnung
Immerhin hatte der Bundestrainer, der mit seinem endgültigen Kader in die EM-Generalprobe am Donnerstag in Leipzig gegen Israel (20.30 Uhr/ARD und im Live-Ticker bei DerWesten) und das erste Endrunden-Spiel am 9. Juni in Lwiw gegen Portugal geht, schon vor seiner Entscheidung einen Trost für die von der Ausmusterung betroffen Spieler parat. Die Aussortierten dürfen sich berechtigte Hoffnungen darauf machen, nach der Endrunde wieder eine Rolle in der Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) zu spielen.
"Für manche war das Trainingslager eine große Chance für die Zukunft. Ich kann mir gut vorstellen, dass das eine gute Schule war", sagte Löw, der die eher geringe Bedeutung des Schweiz-Spiels für seine Entscheidung noch einmal betonte: "Das war kein individuelles Schaulaufen. Ich wollte sehen, was der Einzelne dem Team bringen kann. Einzelne Spieler aufgrund einer Situation, eines Spiels, eines Kurzeinsatzes zu bewerten, wäre völlig falsch."
Trotz der Versprechungen Löws auf eine Zukunft der Aussortierten in der deutschen Auswahl hat die Vergangenheit gezeigt, dass ein Karriereknick nicht ausgeschlossen ist. Bisher wurden Marko Marin, Patrick Helmes und Jermaine Jones (vor der EM 2008) sowie Andreas Beck (vor der WM 2010) von Löw gestrichen - alle vier Profis spielen derzeit keine Rolle mehr im Nationalteam.