München. Wenn Frauen ihrem Leben eine Wende zum Guten geben wollen, so sagt man, gehen sie zum Friseur und kleiden sich neu ein. Uli Hoeneß ist zwar keine Frau, und eine neue Frisur hat sein lichtes Haupt nicht nötig. Den Frust über die neuerlich verpasste Meisterschaft will er aber bei einer ausgiebigen Shoppingtour loswerden.

„Man muss den Kader vielleicht gnadenlos qualitativ vergrößern“, sagte der Präsident des Fußball-Rekordmeisters Bayern München am Sonntagabend, „und ich denke, dass der Vorstand das auch tun wird. Auch im Hinblick auf die kommende EM.“ Aus Hoeneß sprach der Frust. Frust darüber, Borussia Dortmund demnächst wieder zur deutschen Meisterschaft gratulieren zu müssen. Im Sommer 2013 darf das nicht ein drittes Mal nacheinander passieren - das ist jetzt Chefsache. Und so reagiert er, wie er es immer tat: Er geht ans Festgeldkonto.

Das Konzept des Konkurrenten hält Hoeneß ohnehin nicht für kopierbar. Junge Talente verpflichten, ihnen Monate geben, sich an das neue Umfeld zu gewöhnen, dazu laufintensiver Draufgängerfußball, der international mit Lehrgeldzahlungen in stattlicher Höhe einhergeht - das ist alles andere als „bayern-like“, wie es Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge auszudrücken pflegt. Und das würde, meinte Hoeneß, die Münchner Medienmeute auch gar nicht dulden.

Hoeneß sieht Petersen gescheitert

„Bayern-like“ - das sind Rekord-Transfers. Das sind Superstars, fertige (Welt-)klassespieler, die der BVB laut Hoeneß gar nicht hat, die den Erfolg berechenbarer machen. Deshalb hat Hoeneß vor einigen Wochen auch „eine Bombe“ für den Münchner Angriff angekündigt. Auch, weil er den Versuch, mit Nils Petersen einen talentierten Zweitliga-Stürmer an die raue Münchner Luft zu gewöhnen, für gescheitert hält. Dabei war das schon mal anders in München. Roland Wohlfarth etwa holte Hoeneß höchstselbst vom MSV Duisburg aus dem Unterhaus an die Isar, der spätere Bundesliga-Torschützenkönig war damals sogar ein Jahr jünger als Petersen beim Wechsel 2011. In 254 Ligaspielen für die Bayern traf er 119 Mal.

Wohlfarth bekam 1984 Zeit. Wie Lewandowski, Blaszczykowski und Gündogan in Dortmund. Doch das, glaubt Hoeneß und mit ihm offenbar der ganze FC Bayern, ist im Münchner Medienrummel 2012 nicht mehr möglich. Daher diskutieren sie jetzt wieder einmal die ganz große, die teure Lösung an der Säbener Straße. Bei den Transfers von Xherdan Shaqiri (FC Basel/10 Millionen Euro) und wohl auch Dante (Mönchengladbach/rund 5), in dem der Präsident die von ihm selbst als dringend notwendig erachtete Abwehr-Granate ausgemacht hat, wird es nicht bleiben. Jupp Heynckes, Trainer und Hoeneß-Intimus, hat ja „zwei, drei“ Hochkaräter verlangt.

Münchener sollen Dzeko im Visier haben

„Der Klub und ich haben klare und nahezu identische Vorstellungen“, sagte Heynckes jetzt dem kicker. Aus England wird kolportiert, dass die Bayern Edin Dzeko (Manchester City) ins Visier genommen hätten. Das klingt wahnsinnig und deshalb unglaubwürdig. Einem frustrierten Hoeneß ist jedoch vieles zuzutrauen.

44 Millionen Euro hat der FC Bayern übrigens vor dieser Saison investiert. Rund 45 Millionen Euro spülte bislang die Champions League in die Kasse, in der die Münchner am Dienstag zum Halbfinal-Hinspiel gegen Real Madrid antreten (20.45 Uhr/live bei Sat. 1, Sky und im DerWesten-Ticker).

Die Hoeneßsche Kasse ist also prall gefüllt - auf zum Frustshopping! (sid)