Bremen. . Zwölf Jahre nach seinem bislang letzten Titelgewinn (EM 2000) sehnt sich Frankreich den nächsten Triumph seiner Fußball-Nationalmannschaft herbei. Allerdings belasten Querelen im Umfeld die anhaltende Suche von Nationaltrainer Laurent Blanc nach seiner Wunschformation für die bevorstehende EM-Endrunde in Polen und der Ukraine.

Die Grande Nation ist die kleinen Brötchen satt. Zwölf Jahre nach Frankreichs bislang letztem Triumph (EM 2000) setzte Verbandsboss Noel Le Graet die Equipe Tricolore und Nationaltrainer Laurent Blanc vor dem Länderspiel am Mittwoch (20.45 Uhr/ZDF) in Bremen gegen die deutsche Fußball-Nationalmannschaft unter Erfolgsdruck. „Es ist an der Zeit, Titel zu gewinnen“, sagte Le Graet mit Blick auf die EM in Polen und der Ukraine (8. Juni bis 30. Juli).

Bei Bayern Münchens Superstar Franck Ribery rennt der Verbandsboss offene Türen ein. „Ich habe das Gefühl, dass wir ein Riesending schaffen können. Ich persönlich will den Titel“, sagte Ribery im Interview mit zdfsport.de. Vor dem Spiel in Bremen strotzt er vor Selbstvertrauen: „Auch wenn es vielleicht leicht übertrieben klingt, aber wir fahren nach Bremen, um dort zu gewinnen. Meinen Sie wirklich, ich habe Lust, mir die ganze Woche unangenehme Sprüche von meinen Mitspielern im Verein anzuhören?“


Zuletzt 17 Länderspiele ohne Niederlage

Die Töne unterstreichen die Ambitionen im Land des Weltmeisters von 1998. Zuletzt 17 Länderspiele ohne Niederlage haben die Erwartungen an die Blauen, die in Bremen erstmals ganz in Weiß antreten, trotz einer gleichwohl nur mäßig beeindruckenden EM-Qualifikation und des vorherigen WM-Desasters 2010 in Südafrika wieder steigen lassen. Le Graet: „Südafrika muss endlich vergessen sein.“

Querelen überschatten jedoch auch Frankreichs Vorbereitung auf Bremen. Nach dem weiter schwelenden Streit zwischen Le Graet und Blanc über eine Verlängerung des nach der EM auslaufenden Vertrages brach am Wochenende unmittelbar vor der Abreise nach Deutschland eine öffentliche Kontroverse zwischen Blanc und Frankreichs Idol Michel Platini über die Qualität der Nationalelf aus.

Weil Platini, inzwischen Präsident des Europaverbandes UEFA, in einem Interview von der deutschen Mannschaft („Das beste Team Europas“) schwärmte und seine Landsleute hingegen mit Ausnahme von „zwei, drei Spielern“ nur als „so lala“ bezeichnete, warf Blanc dem Europameister-Kapitän von 1984 Leichtfertigkeit vor: „Platini macht es sich zu einfach und übertreibt völlig.“

„Früher haben uns die Deutschen um unsere Ausbildung und damit auch unsere Klasse beneidet“

Dabei hat Blanc auch ohne die Debatten mit den mächtigen Funktionären schon Baustellen genug zu schließen. Zwar stabilisierte der Weltmeister-Kapitän die nach Südafrika völlig verunsicherte Mannschaft wieder, doch wie Blanc sieht auch Münchens französischer Ex-Weltklassespieler Bixente Lizarazu gegenüber Top-Nationen noch Defizite: „Zu Mannschaften wie Spanien, den Niederlanden und Deutschland fehlt uns noch etwas.“

Diese Suche nach dem „Missing Link“ verdeutlicht nur allzu gut den Zeitenwandel im französischen Fußball nach der Ära Zinedine Zidane - besonders im Vergleich mit Deutschland. „Früher“, sagte Blanc bei der Nominierung seines Kaders für Bremen, „haben uns die Deutschen um unsere Ausbildung und damit auch unsere Klasse beneidet. Sie haben nach 2000 daraus ihre Lehren gezogen, und heute beneiden wir die Deutschen um ihre jungen, hervorragend ausgebildeten und perfekt im Kollektiv funktionierenden Spieler.“

Tatsächlich bedürfen die Auftritte von Blancs Mannschaft, die in der EM-Vorrunde auf Co-Gastgeber Ukraine sowie England und Schweden trifft, noch der Feinabstimmung. Individuelle Klasse indes ist auch hinter dem von Platini hervorgehobenen Duo mit Ribery und Real Madrids Star Karim Benzema, der in Bremen wegen einer Leistenverletzung fehlt, sowie Abwehrstratege Eric Abidal von Champions-League-Sieger FC Barcelona durchaus vorhanden. So zahlreich sogar, dass Stars wie Manchester Citys 30-Millionen-Euro-Stürmer Samir Nasri oder Florent Malouda (FC Chelsea) keinen Stammplatz bei Blanc sicher haben. (sid)