Köln (SID) - Theo Zwanziger ist amtsmüde und tritt im Oktober 2012 von seinem Posten als Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) zurück. "Diese Entscheidung ist seit langem vorbereitet. Es ist ja hinlänglich bekannt, dass ich eigentlich schon beim Bundestag im vergangenen Jahr nicht noch einmal kandidieren wollte", sagte der 66-Jährige in einem Interview auf dfb.de. Auf der Jahresabschlussfeier des Verbandes in Neu-Isenburg verkündete Zwanziger am Freitag den Gästen aus Präsidium und Vorstand, dass er nicht noch einmal kandidieren werde.

Gewählt ist der Jurist noch bis 2013. Sollten die Gremien des Verbandes zustimmen, will Zwanziger, der noch bis 2015 seine Aufgaben im Weltverband FIFA und bis 2013 im Europa-Verband UEFA wahrnehmen möchte, bereits im Oktober des kommenden Jahres den Weg für einen Nachfolger freimachen.

Bundestrainer Joachim Löw erfuhr kurz nach der EM-Gruppenauslosung in Kiew von Zwanzigers Ankündigung. "Wir bedauern diesen Schritt, aber wir respektieren eine persönliche Entscheidung", sagte Löw. Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff meinte: "Die Nachricht kommt für mich überraschend. Wir müssen sie akzeptieren. In Sachen Nationalmannschaft hat uns Dr. Zwanziger stets unterstützt, und wir haben sein Engagement geschätzt."

Über seinen möglichen Nachfolger sagte Zwanziger auf der Verbands-Homepage: "Kompetenz, Engagement und Charakter sind die wesentlichen Merkmale, die eine Person haben muss, wenn sie in den Führungsgremien des DFB arbeiten will. Ich bin seit einigen Monaten diesbezüglich mit einer Persönlichkeit im Gespräch, die ich für sehr geeignet halte. Einen Namen möchte ich aber noch nicht nennen. Zumal ich ohnehin nur Vorschläge machen kann, die Verantwortung tragen Präsidium und Vorstand."

In der Vergangenheit hatte Zwanziger wiederholt mit einem Rücktritt geliebäugelt, als Kritik an seiner Person geäußert wurde. Er ließ sich jedoch jeweils umstimmen und blieb im Amt. Zuletzt war der DFB-Boss im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung mit Ex-Schiedsrichter-Obmann Manfred Amerell ebenfalls in die Enge getrieben worden. Für Insider kommt die Ankündigung Zwanzigers, der insgesamt zwei Jahrzehnte in Diensten des DFB gestanden hatte, nicht überraschend.

Im Interview gestand er auf die Frage, ob die vielfältigen Krisenszenarien der vergangenen Monate seine Entscheidung beeinflusst hätten: "Es wäre eine Lüge, wenn ich diese Frage mit 'Nein' beantworten würde. Jedes Spannungsfeld wird medial gleich zu einer Krise hochstilisiert, das kostet schon eine Menge Kraft."

Er habe feststellen müssen, dass sich die Arbeit "im FIFA-Exekutivkomitee und als DFB-Präsident zumindest in der aktuellen Zeit und den kommenden Jahren kaum vereinbaren lässt". Alles, was negativ über den Weltverband und somit auch ihn geschrieben und geredet werde, schade wegen seiner Doppelfunktion automatisch auch dem Ansehen des DFB. Zwanziger: "Das will ich vermeiden."

Zwanziger war zunächst Beauftragter für soziale Integration, Büroleiter des damaligen Präsidenten Egidius Braun, Schatzmeister, Geschäftsführender Präsident und schließlich Präsident. "In dieser Zeit hat sich der deutsche Fußball weiterentwickelt, und ich konnte stets meinen Teil dazu beitragen", betonte der Jurist aus Altendiez, der 2004 an die Spitze des größten Sportfachverbandes der Welt (6,8 Millionen Mitglieder) vorrückte.

Zunächst als Doppelspitze mit Gerhard Mayer-Vorfelder, seit September 2006 als alleiniger DFB-Chef. Zwanziger ist Zögling von DFB-Ehrenpräsident Egidius Braun. Als Krisenmanager im Schiedsrichter-Skandal um Ex-Referee Robert Hoyzer bewährte sich der DFB-Boss, der allerdings nicht immer unumstritten war.

Zwanziger ist der deutsche Vertreter im Exekutivkomitee der FIFA und der Europäischen Fußball-Union (UEFA). Im Weltverband hatte sich Zwanziger für eine schonungslose Aufarbeitung des Korruptionsskandals eingesetzt und war von FIFA-Boss Joseph S. Blatter als neuer Vorsitzender der "FIFA Task Force Statutenkommission" eingesetzt worden.

Als einziger DFB-Präsident war er Chef bei zwei Weltmeisterschaften (2006 bei den Männer, 2011 bei den Frauen): "Welcher Präsident eines Fußballverbandes hat in seiner Amtszeit zwei Weltmeisterschaften ausrichten dürfen? Ich bin sehr stolz darauf, dass ich an der internationalen Wertschätzung unseres Verbandes mitwirken durfte, die wir durch diese Turniere erreicht haben. Franz Beckenbauer, Steffi Jones, Horst R. Schmidt, Wolfgang Niersbach und ich - wir waren in all diesen Jahren wirklich ein tolles Team."