Frankfurt. . Der Deutsche Fußball Bund hat am Montag Besuch von der Steuerfahndung bekommen. Ziel der Beamten waren, laut DFB, Unterlagen aus dem Schiedsrichterbereich. Auch mehrere Wohnungen von prominenten Referees wurden durchsucht.
Dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) droht nach einer Razzia der nächste Schiedsrichter-Skandal. Steuerfahnder haben am Montag die DFB-Zentrale in Frankfurt/Main durchsucht und Unterlagen aus dem Schiedsrichterbereich gesichtet. Zudem wurden nach SID-Informationen vor allem in Süddeutschland mehrere Wohnungen prominenter Bundesliga-Referees durchsucht.
Das deutsche Schiedsrichterwesen war bereits vor zwei Jahren einmal ins Visier der Steuerbehörden geraten: 2009 wurde der frühere FIFA-Referee Michael Kempter (Sauldorf) wegen Steuerhinterziehung in mehreren Fällen zu einer Geldstrafe in Höhe von 23.750 Euro verurteilt. „Michael Kempter hat das längst transparent dargelegt und den Behörden gegenüber immer mit offenen Karten gespielt. Dem DFB ist dieser Vorgang bekannt“, sagte Kempter-Anwalt Christoph Schickhardt dem Sport-Informations-Dienst (SID).
Anzeige wohlmöglich aus dem Umfeld Amerells
Dass der pikante Sex-Skandal zwischen Kempter und dem ehemaligen DFB-Schiedsrichter-Obmann Manfred Amerell in Zusammenhang mit der anonymen Anzeige steht, die zu den Hausdurchsuchungen am Montag führte, scheint immer offensichtlicher zu werden. So verdichten sich die Anzeichen, dass die ursprüngliche Anzeige möglicherweise aus dem Umfeld Amerells kommt.
DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach erklärte, Ziel der Fahndung sei eindeutig nicht der Verband selbst gewesen. „Es gibt keinerlei Vorwürfe gegen den DFB. Wir werden die Steuerbeamten bei den Ermittlungen selbstverständlich mit all unseren Möglichkeiten unterstützen. Die korrekte Versteuerung seiner Einnahmen obliegt jedem Schiedsrichter selbst“, sagte Niersbach.
Schiedsrichter sollen Testspiel-Einnahmen nicht versteuert haben
Hintergrund der gemeinsamen Aktion mehrerer Staatsanwaltschaften und Steuerfahndungen sei nach Angaben der Beamten „der Verdacht, dass in der Vergangenheit Schiedsrichter ihre Einnahmen möglicherweise nicht ordnungsgemäß versteuert haben“. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung ermitteln die Behörden sogar gegen knapp zwei Dutzend Personen. Laut SZ-Angaben soll der DFB zudem bereits seit dem Frühjahr von möglichen Unregelmäßigkeiten gewusst haben. Die DFB-Referees waren allerdings anscheinend nicht informiert und haben nun das Gefühl, dass die Behörden „mit Kanonen auf Spatzen“ schießen.
Laut Express sollen mehrere Bundesliga-Schiedsrichter ihre Einnahmen aus Testspielen nicht ordnungsgemäß versteuert haben. Ein Bundesliga-Referee aus München, der namentlich nicht genannt werden wollte, bestätigte im Gespräch mit dem Sport-Informations-Dienst (SID), dass auch seine Wohnung am Montagmorgen durchsucht worden war. Nach SID-Informationen prüften die Steuerfahnder vor allem die Gewerbesteuerabgaben ab dem Jahr 2009 sowie die Fahrtenbücher. So soll der Münchner Schiedsrichter am 25. März 2007 ein Frauenfußballspiel in Unterhaching geleitet und die 35 Euro Fahrtgeld angeblich nicht korrekt abgerechnet haben.
Schiedsrichter-Boss Fandel zeigt sich überrascht
Völlig überrascht zeigten sich am Montag der DFB-Schiedsrichter-Boss Herbert Fandel sowie Lutz Wagner, Mitglied der DFB-Schiedsrichter-Kommission. „Wir warten jetzt erst einmal die Ermittlungen ab“, sagte Fandel. Wagner betonte: „Für uns ist es derzeit noch unmöglich, etwas Konkretes zu dieser Thematik zu sagen. Grundsätzlich ist aber jeder Schiedsrichter selbst für die Abgabe seiner Steuern zuständig.“
Das DFB-Schiedsrichterwesen war seit 2005 immer wieder in die Schlagzeilen geraten. Zunächst belastete die Manipulationsaffäre um den ehemaligen Referee Robert Hoyzer die Gilde, dann folgte zu Beginn des vergangenen Jahres der Sex-Skandal um Kempter und Amerell. Hintergrund der noch immer schwelenden Auseinandersetzung ist, dass Kempter seinem früheren Förderer Amerell sexuelle Belästigung in mehreren Fällen vorwirft. Amerell besteht darauf, dass die Affäre stets einvernehmlich war. Er verlangt wegen der Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte Schmerzensgeld. (sid)