Neapel. . Die neue Selbstlosigkeit des Wohlfühl-Spielers Franck Ribery ist das Werk von Bayern-Trainer Jupp Heynckes. Er hat es geschafft den Franzosen wieder in die Spur zu bringen und auf ein Weltklasse-Niveau zu hiefen.

Jupp Heynckes scheint erstaunliche Fähigkeiten zu besitzen. Den FC Bayern München nacheinem Jahr der Irrungen zurück auf den Weg des Erfolges zu bringen, hätte womöglich auch ein anderer Trainer dank des riesigen Potenzials geschafft. Die viel größere Leistung hat Heynckes mit der Wandlung von Franck Ribery vollbracht. Fußballerisch gab es noch nie Zweifel an der Qualität des Franzosen, und auch nicht daran, dass Louis van Gaal mit seinen gestrengen Vorgaben, dem Spieler die Lust am Zaubern raubte. Aber noch nie zuvor hatte sich Ribery derart selbstlos über den Platz bewegt wie im Moment. Heynckes lobt ihn deshalb als „Topvorbereiter,der sehr mannschaftsdienlichspielt“.

Ribery ist der Fixpunkt im Münchner Spiel

Vier Tore hat Ribery in dieser Bundesligasaison geschossen, aber doppelt so viele vorbereitet. In der Champions League verdiente er sich bisher zwei Scorer-Punkte, auf den ersten Treffer wartet er noch. Auf ihn wird es dennoch ankommen, wenn die Bayern am Dienstag (20.45 Uhr) im dritten Vorrundenspiel beim SSC Neapel, dem offenbar stärksten Konkurrenten in der Gruppe, ihre Siegesserie fortsetzen wollen. Ribery ist der Fixpunkt im Münchner Spiel, aber einer, der sich auch freut, wenn den Kollegen eine sehenswerte Aktion gelingt. Er bereitet lieber die Tore vor, legt für die Kollegen auf, als selbst zu glänzen – meistens jedenfalls.

Am Samstag beim 4:0 gegen Hertha BSC Berlin gab es einen kleinen Rückfall in Zeiten, als die Kollegen die Solo-Tripps des Franzosen auf dem Platz oft genervt hatten. Zu Beginn der Partie hatte er die besser postierten Gomez und Müller in der Mitte des Strafraums einfach übersehen, stattdessen selbst geschossen und war aus spitzem Winkel am Torhüter gescheitert. Auch den Strafstoß in der zweiten Halbzeit, den er erzwungen hatte, hätte Ribery gerne selbst verwandelt und deshalb Gomez den Ball am liebsten wieder entrissen. Die Kollegen Thomas Müller und Anatoli Timoschtschuk mussten sogar schlichtend eingreifen, um einen Eklat zu verhindern.

Heynckes rät seinem Star zu "mehr Egoismus"

Statt ihn zu rügen für den Disput auf dem Platz, zeigte Heynckes Verständnis. Der Trainer riet ihm zuletzt sogar zu mehr Eigensinn. „Ich habe ihm gesagt, dass er manchmal etwas egoistischer werden muss.“ Ein Spieler seiner Klasse müsse auch Tore schießen. Heynckes findet offenbar die richtige Ansprache für die französische Zaubermaus. Er sei wieder „der wahre Franck Ribery“, sagte der 28-Jährige kürzlich im Fachmagazin kicker. Er habe alles „wiedergefunden, was ich in den letzten zwei Jahren verloren hatte; mit den Jungs zu diskutieren, das Mannschaftsleben zu genießen.“

Der Trainer redet viel mit dem Ausnahmekönner, lässt ihm jene Streicheleinheiten zukommen, die der Wohlfühl-Spieler Ribery braucht, um Höchstleistungen zu bringen, gewährt ihm im Gegensatz zu seinem Vorgänger van Gaal Freiheiten auf dem Platz und gibt ihm Tipps, wie er nochbesser werden kann.