Mainz. Manuel Neuer hat gewiss schon schönere Abende erlebt. Der neue Bayern-Keeper musste bei der Niederlage gegen den HSV nicht nur seinen eigenen Fauxpas verarbeiten, sondern auch Fan-Pfiffe ertragen - diesmal allerdings nicht von den Bayern-Ultras.

Ein grober Patzer und schon wieder Pfiffe: Ausgerechnet beim ersten Härtetest erlebte Manuel Neuer einen Abend zum Vergessen. Im Regen von Mainz blickte der Nationalkeeper von Bayern München nach dem überraschenden Halbfinal-Aus des Rekordmeisters beim LIGA total! Cup gegen den Hamburger SV (1:2) recht bedröppelt drein.

Bei der Fehleranalyse hatte Neuer dann aber wieder den Durchblick. Als erster Bayern-Profi kam der 25-Jährige aus der Kabine - und kam ohne Umschweife auf seinen Aussetzer zu sprechen. "Wenn es um die negativen Dinge des Abends geht, fange ich gleich bei mir mal an. Ich stand beim ersten Gegentor falsch. Wäre ich ein, zwei Meter weiter hinten geblieben, hätte ich den Ball wohl bekommen", sagte Neuer über seinen Fauxpas gewohnt selbstkritisch.

Nach einem Freistoß von Hamburgs Nationalspieler Dennis Aogo war der Ex-Schalker im Strafraum umhergeirrt. Der Südkoreaner Heung Min Son sagte "danke" und staubte zum 1:0 (7.) für den HSV ab. Auch Bayern-Kapitän Philipp Lahm gewährte Neuzugang Neuer keine Schonfrist: "Wenn ein Torwart rauskommt, muss er ihn haben. Das weiß Manu aber selber", sagte Lahm über den 25-Million-Euro-Torwart, der in der Vorbereitung zuvor stark gehalten hatte.

Köpke glaubt an Neuer

Den für Neuer recht ungemütlichen Abend vor 30.900 Zuschauern in der Coface-Arena machten neuerliche Pfiffe gegen seine Person "perfekt". Die Unmutsäußerungen kamen aber anders als in der jüngsten Vergangenheit nicht von einzelnen Ultra-Gruppierungen des FC Bayern, sondern aus der Ecke der Borussia-Dortmund-Fans. Der BVB war zuvor durch ein 1:0 (0:0) gegen Gastgeber FSV Mainz 05 ins Finale eingezogen.

Über die skurillen Benimmregeln, die ihm fünf Ultra-Gruppen der Bayern als Bedingung für den Verzicht auf weitere Anti-Neuer-Aktionen vorgegeben hatten, mochte der 25-Jährige nichts sagen. Dafür sprach Andreas Köpke. Der Torwarttrainer der Nationalmannschaft glaubt nicht, dass Neuer im Psychokrieg mit seinen Gegnern die Nerven verliert. "Manuel lässt sich eh nicht aus der Ruhe bringen. Er steht über den Dingen", sagte Köpke in der Sport-Bild. Auf Wunsch der Ultras soll Neuer zum Beispiel darauf verzichten, sein Trikot in die Kurve zu werfen oder das FCB-Emblem zu küssen.

Doch wie Köpke ist auch Bayern-Trainer Jupp Heynckes vom intakten Nervenkostüm seines Torhüters überzeugt. Daran konnte auch der Patzer von Mainz nichts ändern. "Manuel ist schon jetzt eine Spielerpersönlichkeit. Er hat für einen jungen Menschen außergewöhnlich gut auf die Misstöne reagiert und war moderat in seinen Äußerungen", sagte der 66 Jahre alte Heynckes und lobte die Besonnenheit des Pokalsiegers von 2011. Dem Trainer-Oldie wird sicher auch das Lebensmotto von Neuer gefallen: "Nimm an, was nützlich ist! Lass weg, was unnütz ist! Und füge das hinzu, was Dein eigenes ist!"

Nicht ganz so selbstbewusst wirkt Neuer nur ab und an noch abseits des grünen Rasens. Wie bei der "Meisterfeier" des Monatsmagazins 11Freunde zu Wochenbeginn in Mainz. Dort wurde Bayerns Nummer eins als Spieler der Saison geehrt - und nahm die Trophäe ein wenig verlegen entgegen. Am Ende aber hatte Neuer die Lacher auf seiner Seite, als er in launiger Manier eine Lanze für die Keeper brach: "Jörg Schmadtke wurde hier als Ex-Torwart zum Manager der Saison gewählt, und ich als Keeper zum Spieler der Saison. Das kann man ja ruhig mal hervorheben." (sid)