Mönchengladbach. Vor dem WM-Halbfinale am Mittwoch um 18 Uhr strotzen die USA vor Selbstvertrauen. Gegner Frankreich strahlt verschmitzte Gelassenheit aus. Beide Teams zeigen, was den DFB-Frauen gefehlt hat.

Bruno Bini muss sich nicht beklagen. Wenn man einen Ruf wie Bruno Bini  hat, kann es leicht zu Missverständnissen kommen. „Mir geht es nicht gut“, sagt der Trainer des französischen Frauenfußball-Nationalteams am Tag vor dem Halbfinale gegen die USA. Dann erzählt er von einem hektischen Frühstück und einem rebellierenden Magen. Ein paar seiner Zuhörer fangen an zu lachen.

Nicht schadenfroh. Sie lachen erwartungsvoll. Was kommt jetzt? Bini, der  Kauz.  Bini, diese Type. Wo bleibt die Pointe? Es gibt keine, und Bini schaut jetzt verständnislos in die Runde: „Leute“, sagt er, „wünscht euch nicht, dass euch mal so schlecht wird.“

So weit ist es mit dem Trainer der Französinnen also gekommen. Bruno Bini sieht nicht nur sehr verschmitzt und  sehr französisch aus, er hat sich bei dieser Weltmeisterschaft vor dem Halbfinale in Mönchengladbach gegen die USA (Mittwoch, 18 Uhr, ZDF) einen Ruf als charmanter Plauderer erworben. Er trägt in der Kabine schon mal ein Gedicht vor, er diskutiert mit seinen Spielerinnen über Musik. Das klingt skurril, aber Frankreich steht im Halbfinale, was zeigt, dass Bini mit seinen Methoden nicht so falsch liegt.

Es gibt wichtigere Dinge

Es ist ein WM-Halbfinale, ja, man will den Favoriten USA schlagen, versteht sich. Aber was Bini immer wieder anklingen lässt: Es ist immer noch ein Spiel. Und es gibt Dinge in der Welt, die wichtiger sind.

Das ist ein sehr französischer Ansatz, mit dem wachsenden Druck umzugehen.

Eine dreiviertel Stunde vor Bini sitzt Pia Sundhage an der gleichen Stelle. Sundhage ist Schwedin, sie ist die Trainerin der USA, sie lebt in Charlotte, North Carolina, und sie klingt nicht nur wie eine Amerikanerin, sie denkt auch wie eine. Die Trainerin gehört zu der Generation, die sich im Frauenfußball alles noch erkämpfen musste. Sundhage ist zum Beispiel eine der wenigen, die sich offen zu ihrer   gleichgeschlechtlichen Partnerschaft bekennen. Dabei vermittelt  sie  das Gefühl, dass sie mit 51 Jahren längst schon keine Lust mehr hat, sich zu verstecken.

In Mönchengladbach lebt die Schwedin ihrem Team die klassische amerikanische Attitüde vor: Herausforderungen sind dazu da, bestanden zu werden. Und Druck? Druck war das deutsche Wort dieser WM. Pia Sundhage stutzt und sagt: „I embrace pressure.“ Wörtlich heißt das: Ich umarme Druck. Sinngemäß: Wenn du als Coach auf dieser Ebene arbeiten willst, musst du den Druck lieben.

Hope Solo strahlt

Dann kommen ihre Spielerinnen zur Fragestunde, und schnell wird an diesem Tag im Mönchengladbacher Stadion der Unterschied zwischen den US-Girls und dem deutschen Team deutlich: Es sind nur halb so viele Journalisten da, aber der Geräuschpegel ist doppelt so laut. Man schaut in entspannte und größtenteils gut gebräunte Gesichter, man sieht selbstbewusste und durchtrainierte Frauen, die sich vor die  Journalisten stellen und entspannt lächelnd in die Runde schauen: Hat noch jemand eine Frage? Hope Solo, die Torhüterin, spricht über die deutschen Fans. Sie strahlt: „Sie werden gegen Frankreich hinter uns stehen. Die ganze Welt wird hinter uns stehen.“

Vielleicht ist das arg amerikanisch. Vielleicht ist die verschmitzte Gelassenheit der Franzosen charmanter als dieses amerikanische Selbstbewusstsein, das nicht weiß, wohin mit seiner Vitalität. Was man in diesem Augenblick aber wie unter dem Brennglas spürt: wie sehr diese Weltmeisterschaft der deutschen  Mannschaft aufs  Gemüt gedrückt hat. Dann sagt Hope Solo noch: „Wir sind jetzt der Favorit.“ Natürlich. Wer denn sonst?