Frankfurt. Hannovers Präsident Martin Kind hat im Streit um die 50+1-Regel mit einer neuen Strategie überrascht. Er will nun die Regel kippen, mit der Bayer in Leverkusen und VW in Wolfsburg den Profi-Fußball unterstützen.

Die 50+1-Regel bleibt erhalten, die "Lex Leverkusen und Wolfsburg" steht auf der Kippe: Im Streit über die Investoren-Regel im deutschen Profifußball hat Hannovers Präsident Martin Kind als Kläger für eine Überraschung gesorgt. Bei der ersten Anhörung vor dem Ständigen Schiedsgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) am Montag in Frankfurt/Main änderte Kind seinen Antrag und greift nun die seit dem 1. Januar 1999 durch einen DFB-Paragraphen bestehenden Wettbewerbsvorteile von Bayer Leverkusen und dem VfL Wolfsburg an.

Kind will durch alle Instanzen gehen

"Wir sind mit dem Änderungsantrag auf einem guten Weg. Eine Entscheidung wird aber wohl erst in zwei Monaten fallen. Sollte dem Antrag nicht stattgegeben werden, dann sind wir aber natürlich weiter bereit, durch alle Instanzen zu gehen", sagte Kind, der sich damit zunächst einmal dem Solidargedanken der Liga beugte und für einen Kompromissvorschlag plädierte, der anscheinend auch beim Ständigen Schiedsgericht Anklang fand.

Mit großer Erleichterung nahm am Montag im Nobelhotel Frankfurter Hof Liga-Boss Reinhard Rauball den von Kind neu eingeschlagenen Weg auf. "Die Abschaffung der 50+1-Regel hätte eine Sprengkraft wie einst das Bosman-Urteil. Nun sind wir aber hoffnungsvoll, dass die 50+1-Regel in ihrer Grundform erhalten bleibt", sagte Rauball, der massiv für den Erhalt der Investorenregel und gegen einen neuen Fall Bosman plädierte: "Solchen Zirkus wollen wir nicht, und wir wollen auch keine Profilneurotiker, die sich mit ihrem Geld in der Bundesliga ein Spielzeug zulegen."

Kind hatte sich zuvor seit fast zwei Jahren für die Abschaffung der 50+1-Regel ausgesprochen. Im Sinne der Liga scheint sich der Hörgeräte-Unternehmer nun aber auf einen Kompromiss einlassen zu wollen, der Hannover aber erst in ein paar Jahren zugute kommen kann. Denn Präsident Kind und die von ihm akquirierten Unternehmen der Region Hannover sind erst seit 1997 im Verein aktiv, sie könnten damit frühestens in sechs Jahren eine Mehrheitsbeteiligung am Verein anstreben.

Lex Leverkusen und Wolfsburg auf der Kippe


Denn der Kompromiss bezieht sich auf einen Paragraphen, in dem Investoren nur dann eine mehrheitliche Beteiligung an den Bundesligisten zugestanden wird, wenn das Unternehmen vor dem Stichtag 1. Januar 1999 bereits 20 Jahre im Klub aktiv war. Hannover hat nun die Abschaffung des Stichtags beantragt. Damit könnten in Zukunft alle Bundesligisten mit Investoren zusammenarbeiten, die seit mehr als 20 Jahren im Verein aktiv sind. "Jemand, der seit 20 Jahren die Würste im Stadion verkauft, ist damit aber nicht gemeint", sagte Rechtsanwalt Peter Duvinage.

Sollte diesem Antrag stattgegeben werden, wird Kind nicht mehr weiter gegen die 50+1-Regel prozessieren. Nach SID-Informationen läuft ohnehin alles darauf hinaus, dass die "Lex Leverkusen und Wolfsburg" nach elf Jahren abgeschafft wird. Eine Entscheidung über den neuen Antrag wird das Schiedsgericht unter dem Vorsitzenden Udo Steiner zwar frühestens in zwei Monaten treffen, die Änderung des Paragraphen ist aber so gut wie sicher.

Die 50+1-Regel verhindert, dass Geldgeber - wie zum Beispiel in England - mehr als die Hälfte der Anteile an einem Klub erwerben können. Die Liga hatte sich bis auf Hannover 96 zuletzt unisono gegen die Abschaffung der Investorenregel ausgesprochen. (sid)