Berlin. Erst überlegen, dann gezittert: In ihrem ersten Spiel der WM 2011 bezwangen die deutschen Fußballerinnen Kanada 2:1. Durch eine fahrlässige Chancenverwertung brachten sich die stark aufspielenden Gastgeber am Ende selbst in Bedrängnis.
Die deutschen Weltmeisterinnen haben gleich zu WM-Beginn die Herzen der Fans mit Vollgas-Fußball erobert und sind perfekt in die Mission Titelverteidigung gestartet. Die klar überlegenen deutschen Frauen setzten sich trotz einer Reihe vergebener Chancen mit 2:1 (2:0) gegen Kanada durch. Kerstin Garefrekes (10.) und Celia Okoyino da Mbabi (42.) erzielten im Berliner Olympiastadion die Treffer für die DFB-Auswahl vor der neuen europäischen Rekordkulisse von 73.680 Zuschauern.
Kanadas Starspielerin Christine Sinclair verkürzte in der 82. Minute. Es war das erste Gegentor für Nadine Angerer nach 622 WM-Minuten. Die Torhüterin war bei der kompletten Weltmeisterschaft 2007 in China nicht überwunden worden.
Silvia Neid war erleichtert, hatte aber auch einige Kritikpunkte anzumerken. "Ich bin sehr froh über den Erfolg. Ich denke, wir sind in der ersten Halbzeit nur schwer ins Spiel gekommen, weil wir zu wenig kombiniert haben", sagte die Bundestrainerin. "In der zweiten Halbzeit haben wir gut angefangen, hatten viele Chancen, haben aber vergessen, das Tor zu machen. Dann wird es natürlich gefährlich, wenn hinten ein Tor fällt. "
Ungeschlagen beim Auftakt
Durch den Erfolg bleibt das deutsche Team, das sich mit dem dritten Triumph in Folge zum alleinigen Rekord-Weltmeister machen würde, bei WM-Auftaktspielen ungeschlagen. Aus dem vergangenen Jahrtausend datiert die bislang letzte WM-Pleite. Am 1. Juli 1999 unterlag die deutsche Elf den USA 2:3 im Viertelfinale.
Ähnlich imposant ist die Bilanz von Silvia Neid, deren Vertrag kurz vor der Endrunde bis 2016 verlängert wurde. Die 47-Jährige, deren Team mit Sprechchören gefeiert wurde, hat seit ihrem Amtstantritt im Jahr 2005 noch kein Endrundenspiel bei einer WM oder EM verloren.
Die deutsche Elf wurde von Rekord-Nationalspielerin Birgit Prinz angeführt. Für die 33-Jährige, die ihre Karriere im deutschen Trikot mit dem WM-Sieg krönen und beenden möchte, schloss sich mit dem Spiel gegen Kanada der Kreis. Prinz, die in der 56. Minute für Alexandra Popp ausgewechselt wurde, hatte mit 16 Jahren gegen Kanada ihr Debüt gefeiert. Etwas überraschend spielten Melanie Behringer und Okoyino da Mbabi gemeinsam in der Offensive, für Inka Grings blieb nur zunächst ein Platz auf der Reservebank.
Okoyino da Mbabi behält die Ruhe
Die Gastgeber, die lediglich ohne Ersatzspielerin Martina Müller (Zerrung im linken Oberschenkel) auskommen mussten, dominierten die Anfangsphase. Nach einem Fehler von Simone Laudehr hatten allerdings die Ahornblätter die erste große Möglichkeit durch Spielführerin Sinclair (6.).
Vier Minuten später scheiterte Garefrekes auf der Gegenseite zunächst an der kanadischen Torhüterin Erin McLeod. Wenige Sekunden danach machte es die Frankfurterin per Kopf besser und erzielte nach Flanke von Babett Peter ihr 42. Länderspieltor. Kanada blieb trotz des Rückstands gefährlich, das Tor fiel aber auf der Gegenseite: Nach einem langen Pass von Garefrekes behielt Okoyino da Mbabi allein vor McLeod die Ruhe und erzielte ihren elften Treffer im deutschen Dress.
Nach dem Seitenwechsel drängten die Deutschen, die im Fall eines WM-Siegs 60.000 Euro Prämie (plus rund 25.000 Euro aus Sponsoren-Einnahmen) pro Spielerin kassieren, auf die Vorentscheidung. Die kanadische Abwehr geriet immer wieder unter Druck.
Chancen am Fließband
In der 53. Minute forderten die Deutschen nach einem klaren Foul an Okoyino da Mbabi vergeblich einen Foulelfmeter, vier Minuten später konnte Garefrekes die Chance zum dritten Tor nicht nutzen. Kurz darauf streifte ein Distanzschuss von Popp die Latte (65.). Eine Minute später brachte Garefrekes den Ball nicht im leeren Tor unter. Dann traf Laudehr aus 25 Metern die Latte (77.).
Nach dem stimmungsvollen WM-Auftakt, bei dem Bundespräsident Christian Wulff, Bundeskanzlerin Angela Merkel und DFB-Präsident Theo Zwanziger auf der Tribüne mitfieberten, trifft die deutsche Mannschaft in den weiteren Vorrundenspielen am 30. Juni in Frankfurt/Main auf Afrikameister Nigeria (20.45 Uhr/ARD) und am 5. Juli in Mönchengladbach auf Frankreich (20.45 Uhr/ZDF). (sid)