London. Mitten in der Vorbereitung auf die Heim-WM tritt Titelverteidiger Turbine Potsdam mit fünf deutschen Nationalspielerinnen zum Champions-League-Endspiel gegen Olympique Lyon an. Trotz ungünstiger Vorzeichen hofft der Meister auf ein Happy End.
DFB-Präsident Theo Zwanziger sorgt sich, Coach Bernd Schröder zweifelt und die Spielerinnen grübeln: Wegen der Frauenfußball-WM im eigenen Land geht der Titelverteidiger Turbine Potsdam ohne vernünftige Vorbereitung in die Neuauflage des Vorjahresendspiels der Champions League am Donnerstag gegen Olympique Lyon in London (21.00 Uhr/ZDF und Eurosport). Außerdem kämpfen noch drei "Torbienen" um ihren Platz im WM-Kader, den Nationaltrainerin Silvia Neid am Freitag bekannt geben wird. Das Finale kommt für Turbine zur Unzeit.
"Jammern bringt nichts", sagt Schröder zwar. Doch "Mister Potsdam" betont: "Unsere Mannschaft ist eine Wundertüte, weil ich nicht weiß, wie sich unsere Nationalspielerinnen einfügen und in welcher Verfassung sie sind." Dass ihm die Vorbereitung erschwert wurde, sei "noch weit untertrieben", moniert er. Auf der Abschluss-Pressekonferenz am Mittwochabend sprach er vom "leidigen Thema WM".
Fatmire Bajramaj, Josephine Henning, Anja Mittag, Babett Peter und Bianca Schmidt weilten zuletzt fünf Wochen bei Neid, Yuki Nagasato bei der Auswahl Japans - allesamt Stammspielerinnen. Die Lage wird außerdem dadurch erschwert, dass Turbine seit über einem Monat kein Pflichtspiel mehr bestritten hat, weil die Bundesliga-Saison - ebenfalls wegen der WM - schon im März zu Ende gegangen ist. Für die Vorbereitung auf Lyon blieben Schröder drei Trainingseinheiten.
Was hätte wohl Bayern-Trainer Louis van Gaal gesagt, wenn ihm Joachim Löw vor einem Jahr Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger und Co. erst drei Tage vor dem Champions-League-Finale zurückgeschickt hätte? "Ich verstehe ja, dass der Druck auf die Bundestrainerin und ihr ganzes Team wegen der Heim-WM groß ist", sagt Schröder, "aber es ist für mich einfach nicht optimal, wenn die Stammelf so lange nicht zusammengespielt hat."
Zwanziger beinahe mit schlechtem Gewissen
DFB-Präsident Zwanziger hat deshalb fast schon ein schlechtes Gewissen. "Das ist für beide nicht ganz leicht - für die Bundestrainerin nicht und für Bernd Schröder auch nicht", sagt er. Zwanziger hofft, dass Bajramaj und Co. "mit dem Kopf bei diesem Champions-League-Finale" sind. Er selbst wird das Team im Stadion Craven Cottage des FC Fulham unterstützen. Bajramaj selbst, die ihr letztes Pflichtspiel für Potsdam vor ihrem Wechsel zum 1. FFC Frankfurt bestreitet, spricht von einem "schwierigen" Spagat. Spielführerin Jenny Zietz sieht Potsdam trotz des Vorjahressieges "nicht als Favorit".
Von den fünf deutschen Nationalspielerinnen haben wohl nur Bajramaj und Peter ihren Platz bei Neid sicher, die anderen drei müssen die Gedanken an die Nominierung für mindestens 90 Minuten aus den Köpfen verbannen. "Das Spiel ist nicht mehr entscheidend dafür, ob eine dabei ist oder nicht", sagte Neid. Torhüterin Anna Felicitas Sarholz, beim Sieg im Elfmeterschießen 2010 gegen Lyon die Heldin von Getafe, ist sicher, dass den Kolleginnen der Balanceakt gelingt: "Wir gewinnen."
Baustelle im Quartier
Das Vorhaben, mit dem dritten internationalen Titel nach dem UEFA-Cup 2005 und der Champions League 2010 mit Rekordsieger Frankfurt gleichzuziehen, wurde vor Ort noch erschwert. Auf der Etage im Hotel Hilton Kensington, auf der der Tross wohnen sollte, wurde gebaut, Schimmel klebte an den Wänden. Erst nach einem Protest bei der UEFA durfte das Team ein anderes Stockwerk beziehen.
Mit Lyon, zuletzt fünfmal in Serie französischer Meister, wartet ein sehr starker Gegner. "Das ist ein Spiel arm gegen reich. Die haben einen Etat von acht Millionen Euro, das werden wir nie erreichen", sagt Schröder. Immerhin: Beim erneuten Finalsieg kommen zu der bisherigen Prämie von 200.000 Euro noch einmal 50.000 dazu. Und, egal wie es ausgeht: Als Party-Location ist das Hard Rock Cafe am Hyde Park bereits gebucht. - Die voraussichtliche Mannschaftsaufstellung:
Turbine Potsdam: Sarholz - Schmidt, Peter, Henning - Zietz - Isabel Kerschowski, Odebrecht, Kemme - Bajramaj, Mittag, Nagasato. - Trainer: Schröder
Schiedsrichterin: Dagmar Damkova (Tschechien) (sid)