Madrid. Auch nach dem ersten “Clásico“ gegen den FC Barcelona zieht Real Madrids Trainer Jose Mourinho die Aufmerksamkeit auf sich. Die zum Teil sehr absurde Selbstinszenierung erinnert an seine letzten Tage bei Inter Mailand.

Am Samstag, das ist verbürgt, war Jose Mourinho im Stadion Bernabeu in Madrid. Es gibt zahlreiche Zeugen dafür, dass der Trainer des königlichen Fußball-Klubs beim glücklichen 1:1 gegen den FC Barcelona auf der Bank saß oder aber davor herumhampelte. Auch das anschließende Schauspiel aus dem Theater des Absurden wurde sehr genau dokumentiert. Wieder mal nutzte Mourinho einen Auftritt vor den Medienvertretern, um sich zu inszenieren. Und wie vor einem Jahr in Mailand ist er nun auch in Madrid auf dem Kriegspfad.

Im vergangenen Jahr führte dieser Weg von Inter Mailand zu Real, Mourinho hinterließ verbrannte Erde, die er selbst angezündet hatte. Und nun? Der exzentrische Portugiese, davon ist auszugehen, wird auch nach dieser Saison noch Trainer sein, zunehmend aber drängt sich die Frage auf: Wo? Noch bei Real? Wieder bei Inter? Oder bei Manchester United? Oder zurück beim FC Chelsea? Nach seinem wenig ehrenhaften Abschied von Inter unterschrieb "Mou" beim spanischen Rekordmeister bis 2014 - aber was kümmert"s ihn schon?

Nach dem ersten von vier Spielen gegen Barca innerhalb von nur 18 Tagen erfüllte das wiederkehrende Schauspiel von Mourinho seinen Zweck. Vom ersten "Clasico" war kaum noch die Rede, auch nicht vom zweiten, dem Endspiel um den spanischen Pokal am Mittwoch in Valencia. Der Trainer verlagerte die Aufmerksamkeit auf einen Nebenkriegsschauplatz, was er gerne tut, wenn er von den sportlichen Problemen ablenken will. Davon gibt es viele, was sich in nach wie vor acht Punkten Rückstand auf Barca in der Meisterschaft ausdrückt.

Fakten und Mythen

Reals Trainer José Mourinho gewann als einziger Trainer neben Ottmar Hitzfeld (Borussia Dortmund/Bayern München) mit zwei verschiedenen Klubs (FC Porto/Inter Mailand) die Champions League. Zudem gewann der Portugiese den UEFA-Pokal 2003 mit dem FC Porto und wurde in Portugal, England und Italien Meister. Mourinho ist 150 Ligaheimspiele in Serie (mit Porto, Chelsea, Inter und Real) ohne Niederlage geblieben. Die Serie riss am 2. April 2011 gegen Gijón.
Reals Trainer José Mourinho gewann als einziger Trainer neben Ottmar Hitzfeld (Borussia Dortmund/Bayern München) mit zwei verschiedenen Klubs (FC Porto/Inter Mailand) die Champions League. Zudem gewann der Portugiese den UEFA-Pokal 2003 mit dem FC Porto und wurde in Portugal, England und Italien Meister. Mourinho ist 150 Ligaheimspiele in Serie (mit Porto, Chelsea, Inter und Real) ohne Niederlage geblieben. Die Serie riss am 2. April 2011 gegen Gijón. © imago sportfotodienst
Die teuersten Einzelspieler sind Lionel Messi mit 100 Millionen Euro (Barça)…
Die teuersten Einzelspieler sind Lionel Messi mit 100 Millionen Euro (Barça)… © imago sportfotodienst
Barcelonas Stadion, das „Nou Camp“, fasst 99.354 Zuschauer…
Barcelonas Stadion, das „Nou Camp“, fasst 99.354 Zuschauer… © imago sportfotodienst
Barcelonas Kapitän Carles Puyol ist mit 20 Millionen Euro Marktwert noch einer der
Barcelonas Kapitän Carles Puyol ist mit 20 Millionen Euro Marktwert noch einer der "günstigeren" Spieler der Katalanen. © imago sportfotodienst
Wertvolle Mannschaften: Mit Real Madrid und dem FC Barcelona stehen sich die zwei teuersten Kader der Welt gegenüber.
Wertvolle Mannschaften: Mit Real Madrid und dem FC Barcelona stehen sich die zwei teuersten Kader der Welt gegenüber. © imago sportfotodienst
Der FC Barcelona war 2004 der erste spanische Verein mit einem eigenen Youtube-Kanal.
Der FC Barcelona war 2004 der erste spanische Verein mit einem eigenen Youtube-Kanal. © imago sportfotodienst
Barças Abwehrchef Carles Puyol rufen vor allem die Kommentatoren gerne „Tiburón“, Haifisch. Auch da bedarf es keiner näheren Erläuterung.
Barças Abwehrchef Carles Puyol rufen vor allem die Kommentatoren gerne „Tiburón“, Haifisch. Auch da bedarf es keiner näheren Erläuterung. © imago sportfotodienst
…Barcelona bereits drei Jahre zuvor, 1899.
…Barcelona bereits drei Jahre zuvor, 1899.
1980 standen sich im spanischen Pokalfinale Real Madrid und die eigene B-Mannschaft, FC Castilla, gegenüber. Die erste gewann mit 6:1.
1980 standen sich im spanischen Pokalfinale Real Madrid und die eigene B-Mannschaft, FC Castilla, gegenüber. Die erste gewann mit 6:1. © imago sportfotodienst
Barça-Coach Josep „Pep“ Guardiola holte 2009 sechs Titel mit dem FC Barcelona: die Champions League, die Meisterschaft, den spanischen Pokal, den spanischen Super-Cup, den UEFA-Supercup und die FIFA-Klubweltmeisterschaft.
Barça-Coach Josep „Pep“ Guardiola holte 2009 sechs Titel mit dem FC Barcelona: die Champions League, die Meisterschaft, den spanischen Pokal, den spanischen Super-Cup, den UEFA-Supercup und die FIFA-Klubweltmeisterschaft. © imago sportfotodienst
Der Marktwert beider Teams beträgt über 500 Millionen Euro – jeweils.
Der Marktwert beider Teams beträgt über 500 Millionen Euro – jeweils. © imago sportfotodienst
…und Cristiano Ronaldo (Real) mit 90 Millionen Euro.
…und Cristiano Ronaldo (Real) mit 90 Millionen Euro. © imago sportfotodienst
Real Madrid wurde 1902 gegründet…
Real Madrid wurde 1902 gegründet…
…das Estadio Santiago Bernabéu in Madrid „nur“ 85.000.
…das Estadio Santiago Bernabéu in Madrid „nur“ 85.000. © imago sportfotodienst
Sobald Real Madrid einen Titel gewinnt, ändert sich die Telefonnummer der Vereinszentrale. Sie richtet sich nach gewonnenen Meisterschaften, nationalen Pokalerfolgen und Champions League-Siegen. Aktuell lautet sie: 31 17 09. In Kürze muss sie um den Pokalgewinn ergänzt werden.
Sobald Real Madrid einen Titel gewinnt, ändert sich die Telefonnummer der Vereinszentrale. Sie richtet sich nach gewonnenen Meisterschaften, nationalen Pokalerfolgen und Champions League-Siegen. Aktuell lautet sie: 31 17 09. In Kürze muss sie um den Pokalgewinn ergänzt werden. © imago sportfotodienst
Manche Spieler der Königlichen haben von ihren Mitspielern interessante Spitznamen verpasst bekommen: Cristiano Ronaldo heißt zum Beispiel „Máquina“, Maschine (auf Grund seiner Kraft und seiner permanenten Torschüsse).
Manche Spieler der Königlichen haben von ihren Mitspielern interessante Spitznamen verpasst bekommen: Cristiano Ronaldo heißt zum Beispiel „Máquina“, Maschine (auf Grund seiner Kraft und seiner permanenten Torschüsse). © imago sportfotodienst
Marcelo wird „El loco“, der Verrückte, genannt. Er ist einer der Spieler im Team Mourinhos, der die meisten Witze macht.
Marcelo wird „El loco“, der Verrückte, genannt. Er ist einer der Spieler im Team Mourinhos, der die meisten Witze macht. © imago sportfotodienst
Mesut Özil rufen die Kollegen übrigens „Nemo“. Wegen der großen Augen und seiner Weitsicht auf dem Spielfeld.
Mesut Özil rufen die Kollegen übrigens „Nemo“. Wegen der großen Augen und seiner Weitsicht auf dem Spielfeld. © imago sportfotodienst
Lionel Messi ist „La pulga“, der Floh, was sich bei seiner flinken Spielweise von selbst erklärt.
Lionel Messi ist „La pulga“, der Floh, was sich bei seiner flinken Spielweise von selbst erklärt. © imago sportfotodienst
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Der erste Titel ist also schon mal weg, der zweite könnte am Mittwoch dahin sein, der dritte dann im Falle eines Ausscheidens im Halbfinale der Champions League gegen den FC Barcelona (27. April/3. Mai). So zieht Mourinho alle Register, um seiner Mannschaft den Druck zu nehmen. Teil eins seiner leicht zu durchschauenden Strategie: Verweis auf eine Verschwörung der Schiedsrichter gegen Real. Teil zwei: lächerliche Psychospielchen mit den Medienvertretern. Wobei Teil zwei womöglich einen weiteren Zweck verfolgt.

Im Frühjahr 2010 ekelte sich Mourinho bei Inter mehr oder weniger selbst vom Hofe des Klubfürsten Massimo Moratti. Bei gezielten Angriffen gegen die italienischen Medien zeterte er, er könne den italienischen Fußball sowieso nicht leiden - und der italienische Fußball ihn ja auch nicht. Er trieb das auf die Spitze, er brauchte einen plausiblen Grund, um am Ende vorzeitig aus seinem Vertrag aussteigen zu können. Nun geht das Spielchen von vorne los, nun eben in Madrid, wo Mourinho längst nicht so unantastbar ist, wie er es zu sein glaubt.

Aus England wird kolportiert, Mourinho sei ein Anwärter auf den Posten bei Manchester United, auch eine Rückkehr nach Chelsea sei denkbar. Es ist ja in der Tat noch nicht so lange her, genauer: im Januar, dass er gesagt hat: "Es war immer wichtig für mich und meine Familie, glücklich zu sein, und ich liebe den englischen Fußball, und meine Familie liebt England. Ich habe immer gesagt, dass ich eines Tages zurückkehren werde, aber vielleicht passiert das früher als erwartet." Oder vielleicht auch etwas später.

Auch in Italien wird gemutmaßt, zum Beispiel darüber, was es zu bedeuten hat, dass die Mourinhos Kinder angeblich an der internationalen Schule von Lugano angemeldet wurden. Lugano liegt in der Schweiz, allerdings auch nur rund 40 Kilometer vom Inter-Trainingslager in Appiano Gentile entfernt. "Für Mourinho sind die Türen immer offen", ließ Mannschaftskapitän Javier Zanetti verlauten. Das mag so sein, aber an einer Rückkehr von Mourinho "sei nichts Wahres dran", behauptet Klub-Besitzer Moratti. Man wird sehen. (sid)