Hamburg (SID) -
Der FC St. Pauli gerät immer tiefer in den Fußball-Wettskandal. Nach Recherchen des ARD-Magazins Fakt hat einer der Hauptverdächtigen auch Spieler der aktuellen Bundesliga-Mannschaft der Hamburger der Spielmanipulation bezichtigt. Bei seinen Vernehmungen brachte Marijo C. die Namen von insgesamt sechs ehemaligen und aktuellen Profis des Klubs ins Spiel.
Darüber hinaus sind weitere Spiele der Hamburger unter Verdacht geraten. So finden sich in den Ermittlungen der Bochumer Staatsanwaltschaft Hinweise auf die Partie am 12. September 2008 beim 1. FC Kaiserslautern, die St. Pauli mit 1:4 verlor. Damit würden insgesamt sieben Spiele des heutigen Erstligisten untersucht.
Keine Stellungnahme von St. Pauli
Seit den Enthüllungen des ehemaligen St.-Pauli-Profis Rene Schnitzler bestanden bereits Verdachtsmomente bei fünf Begegnungen der Hanseaten aus dem Jahr 2008. Marijo C. nannte bei seinen Vernehmungen insgesamt zwei weitere. Vom FC St. Pauli war zunächst keine Stellungnahme zu bekommen.
Den Stein ins Rollen gebracht hatte der frühere Zweitliga-Profi Schnitzler, der Anfang November 2010 in einem Gespräch mit dem Magazin Stern zugab, von einem Wettpaten insgesamt mehr als 100.000 Euro Bestechungsgeld angenommen zu haben. Dafür habe er 2008 fünf Spiele seines damaligen Vereins St. Pauli manipulieren sollen.
Es handelt sich neben den Auswärtsspielen beim FSV Mainz 05 um Zweitliga-Duelle mit Hansa Rostock, dem FC Augsburg und dem MSV Duisburg. Schnitzler bestreitet, die Spiele manipuliert zu haben. Er habe das Geld im Kasino verspielt.
Marijo C. behauptet, sechs Spieler des FC St. Pauli seien in die Schiebungen involviert gewesen. Er selbst habe sich an zwei der drei vermeintlich manipulierten Begegnungen beteiligt - in zwei Fällen mit Wetteinsätzen, in einem Fall mit Bestechungsgeld in Höhe von 50.000 Euro.
36 Fußballspiele unter Manipulationsverdacht
Insgesamt stehen nunmehr 69 deutsche Fußballspiele bei der Bochumer Staatsanwaltschaft unter Manipulationsverdacht. Marijo C. gilt neben Ante S. als Drahtzieher, er steht neben fünf anderen Angeklagten voraussichtlich ab 21. März in Bochum vor Gericht. Ursprünglich war der Prozessauftakt schon für den 24. Februar geplant. "Bei der Vielzahl von Angeklagten und der noch größeren Zahl von Verteidigern war es schwer, alle unter einen Hut zu bringen", sagte Gerichtssprecher Volker Talarowski.
Laut der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Bochum, die am 29. Dezember fertiggestellt wurde und insgesamt 287 Seiten umfasst, soll Marijo C. von Juni 2008 bis zu seiner Verhaftung im November 2009 europaweit 46 Fußballspiele verschoben haben und sein Insiderwissen über die gekauften Begegnungen beim Wetten genutzt haben.
Allein auf einem Wettkonto in London, das die Fahnder entdeckten, sollen drei der Beschuldigten in knapp einem Jahr 32 Millionen Euro umgesetzt haben. Mutmaßlicher Gewinn laut Anklageschrift: 3,5 Millionen Euro.