Zürich. . Ein revolutionärer Vorschlag, ein Vorwurf gegen Deutschland und Seitenhiebe gegen Franz Beckenbauer: Der langjährige Fifa-Funktionär Guido Tognoni hat für Aufsehen gesorgt.
Deutschland hat die Fußball-WM nach Ansicht des langjährigen Fifa-Mediendirektors Guido Tognoni nicht zuletzt durch eine umstrittene politische Entscheidung erhalten. „Die Bundesregierung hat für das Gewinnen der Stimme eines saudi-arabischen Delegierten kurzfristig das Waffenembargo aufgehoben“, sagte Tognoni auf dem Sportbusiness-Kongress (SpoBiS) in Düsseldorf dem sid und bekräftigte: „Die Bundesregierung hat alles getan - und auch das getan -, um diese Stimme zu bekommen.“
Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) verwies die Behauptung Tognonis, die nach dessen Aussage „publik und bekannt“ sein soll, ins Reich der Fabeln. „Das ist völliger Humbug, völliger Blödsinn. Ansonsten gibt es keinen Kommentar dazu“, sagte DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach dem sid. Deutschland hatte im Juli 2000 den Zuschlag für die WM 2006 mit 12:11 Stimmen im entscheidenden Wahlgang im Duell gegen Südafrika erhalten.
Tognoni fordert Auslosung für die WM 2026
Im Bezug auf die Weltmeisterschaft 2026 hat Tognoni klare Vorstellungen. Der Ausrichter der WM soll ausgelost werden. „Was bei der letzten Vergabe abgelaufen ist, war schlecht für den Fußball. Da gab es zu viele Verwundete. Wenn die Fifa nach ihrer Inspektion alle Kriterien erfüllt sieht, sind alle Kandidaten gleichberechtigt“, sagte Tognoni dem sid: „Dann sollte man diese Kandidaten in einen Lostopf werfen.“
Der Schweizer, 19 Jahre in Diensten des Fußball-Weltverbandes, will damit auch die Diskussion über mögliche Korruption im Keim ersticken. „Die Fifa kann es sich nicht leisten, dass sich die wichtigsten Mitglieder ständig dem Vorwurf der Korruption ausgesetzt sehen“, sagte er: „Sie sollte alles tun, das zu vermeiden. Das kann sie tun, indem sie die Entscheidung dem Zufall überlässt und nicht mehr den Stimmungen.“
Deshalb sollte nach den kritisch beäugten Zuschlägen für Russland 2018 und Katar 2022 schon bei der Vergabe der nächsten WM dieses Prozedere greifen. „Bis zur nächsten Vergabe sind neun oder zehn Jahre und damit ausreichend Zeit, diesen Plan umzusetzen“, meinte Tognoni.
Stimmgeheimnis soll gewahrt bleiben
Eine öffentliche Abstimmung hält er für keinen passenden Alternativ-Vorschlag. „Jeder soll sein Stimmgeheimnis wahren, denn die Pressionen, die er sonst bekäme, wären kaum zu ertragen“, so der Schweizer: „Ich weiß ja nicht, wem Franz Beckenbauer alles seine Stimme versprochen hat und bei wem er sich dann rechtfertigen muss.“
Auch in Bezug auf die Rechtfertigung der Katar-Vergabe gab Tognoni einen Seitenhieb in Richtung Beckenbauer ab. „Wenn Franz Beckenbauer, der sein Herz ja auf der Zunge trägt, sagt, an die Hitze habe man nicht gedacht, muss ich sagen: da haben sie ihre Aufgaben nicht gemacht.“ (sid)