Rainer Wendt hat als Vorsitzender der Polizei-Gewerkschaft DpolG wegen des Castor-Transports die Absage des Bundesliga-Spieltags am kommenden Wochenende gefordert. Professor Dr. Thomas Feltes, Inhaber des Lehrstuhls für Kriminologie, Kriminalpolitik und Polizeiwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum, erklärt im Interview mit dem Sport-Informations-Dienst (SID), warum das überhaupt nicht möglich ist.

SID: "Herr Feltes, der DpolG-Vorsitzende Rainer Wendt fordert wegen der Strapazen rund um die Castor-Transporte die kurzfristige Absage des 12. Spieltages der Fußball-Bundesliga. Wie bewerten Sie das?"

Professor Dr. Thomas Feltes: "Rainer Wendt weiß als erfahrener Polizeibeamter selbst, dass eine kurzfristige Absage eines Bundesliga-Spieltages nicht möglich ist. Es würde massive Probleme durch nicht oder zu spät informierte Besucher oder gar demonstrierende Fans geben, und dann werden möglicherweise noch mehr Polizisten benötigt. Wendt sollte konstruktive Vorschläge unterbreiten und nicht die Schlagzeile um ihrer selbst willen suchen."

SID: "Wendt behauptet, die Einsätze in der Bundesliga am Wochenende würden zu Lasten der Gesundheit der Polizisten gehen. Wie sehen Sie das?"

Feltes: "Für die Gesundheitsfürsorge ist der Dienstherr der Polizisten und damit die Bundes- bzw. Landesregierung zuständig. Dorthin möge sich Herr Wendt wenden. Und dabei unterstütze ich ihn sogar, denn hier liegt vieles im Argen - wie man jüngst im Wendland oder bei der zu kurzfristigen Alarmierung von Einsatzhundertschaften für Stuttgart 21 gesehen hat. Die Privatisierung des Catering hat sich mit Sicherheit negativ ausgewirkt, was im Übrigen Konrad Freiberg, der Chef der GdP schon früher beklagt hat."

SID: "Zudem fordert Herr Wendt immer wieder eine Kostenbeteiligung der DFL an den Polizeieinsätzen. Gibt es dafür eine rechtliche Grundlage?"

Feltes: "Nein. Es gibt - anders als Herr Wendt meint - sehr wohl ein indirektes "Grundrecht auf Fußball": Einerseits haben Vereine und DFL ein Recht, ihre Spiele so wie angekündigt stattfinden zu lassen. Die Bürger haben ein Recht darauf, solche Freizeitangebote zu nutzen - zumal, wenn sie wie beim Fußball klassen- und altersgruppenüberschreitend sind und daher mit zur Überwindung von Gegensätzen in der Gesellschaft beitragen. Die einvernehmlich ausgehandelte Lösung, dass die Vereine für die Sicherheit im Innern der Stadien primär verantwortlich sind und die Polizei für den öffentlichen Raum, hat sich bewährt. Ansonsten müssten auch Karnevalsvereine oder der Einzelhandel bei verkaufsoffenen Sonntagen zur Kostenbeteiligung herangezogen werden. Das will niemand, denn das würde für alle zugängliche, und oftmals kostenlose Freizeitangebote unmöglich machen oder zumindest verringern. Selbst die Kostenerstattung für die Verkehrsunfallaufnahme wurde nie ernsthaft erwogen. Hier sollte sich Herr Wendt engagieren."