München. .

Martin Demichelis rebelliert nach seiner Degradierung zum Ersatzspieler und kündigt seinen Abschied an. Karl-Heinz Rummenigge lehnt einen Verkauf ab.

Beim Ausflug nach Ingolstadt wirkte Martin Demichelis so, als ob nichts geschehen wäre. Gut gelaunt gab er Autogramme und scherzte mit den Kollegen. Seinen neuen schicken Dienstwagen inspizierte er am Samstagnachmittag eingehend, obwohl er ihn vielleicht gar nicht mehr so oft fahren wird. Knapp 24 Stunden zuvor hatte der Argentinier die Sommerruhe beim FC Bayern München empfindlich gestört, weil er von Trainer Louis van Gaal nicht in die Startelf für den Bundesliga-Auftakt gegen den VfL Wolfsburg berufen worden war. Daraufhin, so die offizielle Verlautbarung der Verantwortlichen beim deutschen Rekordmeister, habe der Innenverteidiger darum gebeten, ihn ganz aus dem Kader zu streichen.

Dass die Unterhaltung zwischen van Gaal und dem temperamentvollen Demichelis ruhig und sachlich abgelaufen sein soll, ist allerdings kaum vorstellbar. Gegenüber der argentinischen Sporttageszeitung „Olé“ dementierte er prompt den vom Verein skizzierten Ablauf. „Es ist eine Lüge, dass ich nicht auf die Bank wollte“, behauptet er. Sehr überraschend dürfte für ihn die Nichtberücksichtigung ohnehin nicht gewesen sein, seit Wochen ließ van Gaal durchblicken, dass er mit Holger Badstuber und Daniel van Buyten in der Innenverteidigung plant. Er sei schon öfter Ersatzspieler gewesen, sagte der 29-Jährige. „Nie habe ich ein Problem gehabt. Ich akzeptiere das, wenn nötig.“ Van Gaal diskutierte womöglich nicht lange, sondern warf den Aufmüpfigen kurzerhand aus dem Kader.

Die Bayern versuchten allerdings nach dem 2:1-Sieg im Auftaktspiel, den Vorfall noch herunterzuspielen. Demichelis sei eben „ein stolzer Argentinier“, sagte der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge. „Es gibt kein Nachspiel.“ Auch van Gaal behauptete, Verständnis zu haben. Nicht mehr Stammspieler zu sein, sei ein „großer Schock“ für Demichelis gewesen, gibt der Bayern-Trainer zu. „Damit muss er erst noch umgehen. Er braucht etwas Zeit, das zu verarbeiten.“ Die Mitspieler hielten sich zurück mit Kommentaren, allein Bastian Schwein-steiger, der seiner Mannschaft mit seinem Tor in letzter Minute den Sieg beschert hatte, erlaubte sich eine kleine Kritik: „Es ist ein bisschen schade, dass er sich so verhält.“ Kapitän Mark van Bommel kündigte an, mit Demichelis zu reden. Vor gut zwei Jahren hatte er schon einmal als Vermittler fungiert, als der Südamerikaner sich weigerte, im defensiven Mittelfeld zu spielen. „Das hat mich Stunden gekostet.“ Damals lohnte sich der Aufwand allerdings, Demichelis gab sich einsichtig.

Dieses Mal ist die Aufgabe für van Bommel schwieriger. Denn noch in der Nacht hatte Demichelis wissen lassen, dass sich die Wege wohl trennen werden. „Ich fühle, dass mein Zyklus bei den Bayern abgeschlossen ist“, sagte er gegenüber mehreren Medien. Am nächsten Tag in Ingolstadt bekräftigte er die Absicht, den Verein zu verlassen. Es gebe schon Verhandlungen mit einem anderen Klub. „Ich bin enttäuscht, denn das ist mein achtes Jahr beim FC Bayern, und das habe ich nicht verdient.“

Schwierige Personallage

Rummenigge erteilte dem Wunsch des Spielers allerdings eine Absage. „Wir sind gut beraten, bis Januar Ruhe zu geben“, sagte der Vereinschef. Die Personalsituation in der Verteidigung lässt es kaum zu, Demichelis abzugeben, weil Breno als vierter Innenverteidiger nach seinem Kreuzbandriss wohl erst in zwei Monaten wieder einsatzbereit sein wird. Van Gaal hingegen lehnte einen Verkauf des Spielers nicht strikt ab. „Wenn er geht, habe ich zwar ein Problem, aber ein Spieler hat immer das Recht, selbst eine Entscheidung zu treffen. Okay, dann finde ich wieder eine Lösung.“ Vielleicht hat ja Hermann Gerland, der Trainer der zweiten Mannschaft, schon einen Innenverteidiger bei der Hand.