Nach dem Rückzug von Gegenkandidat Uli Hoeneß wird die Wiederwahl von Reinhard Rauball zum Liga-Präsidenten am Mittwoch zur reinen Formsache. Der 63 Jahre alte Jurist peilt bei der Generalversammlung der 36 Profiklubs in Berlin seine zweite Amtszeit an. Als Ziel setzt sich der Präsident von Borussia Dortmund für die Liga das Erreichen des vierten Startplatzes in der Champions League - gleichzeitig zerstreute Rauball aber die Hoffnungen der Bundesligisten auf eine künftige Explosion der TV-Einnahmen.
"Ich will keine blühenden Landschaften versprechen. Medien-Erlöse wie in England sind für uns derzeit nicht zu erzielen. Man muss den Blick für die Realität wahren. In der aktuellen Diskussion über die Situation auf dem Fernsehmarkt wird deutlich, dass solche Zahlen bei uns im Moment nicht zu erreichen sind", sagte Rauball dem Sport-Informations-Dienst (SID).
Rummenigge fordert höhere Einnahmen
Bayern Münchens Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge hatte zuletzt gefordert, dass in Zukunft Einnahmen in Höhe von mindestens 800 Millionen Euro erzielt werden müssten, damit die Bundesliga auf internationaler Ebene konkurrenzfähig bleibt. Die Premier League kassiert pro Jahr sogar noch einmal knapp 400 Millionen Euro mehr. Der deutsche Fernsehmarkt gibt solche Preise aber nicht her.
Vor allem die finanzielle Situation beim Bezahlsender Sky treibt den Bundesligisten derzeit Sorgenfalten auf die Stirn. Die wirtschaftliche Lage beim Münchner Pay-TV-Sender, der die Übertragungsrechte von 2009 bis 2013 für rund 200 Millionen Euro pro Spielzeit von der Deutschen Fußball Liga (DFL) erworben hatte, scheint zumindest so problematisch, dass Rauball die 36 Erst- und Zweitligisten jüngst schriftlich über die aktuelle Situation informiert hat.
Rummenigge stellte am Montag das Geschäftsmodell von Sky infrage. "Ich mache mir große Sorgen, weil es uns gemeinsam, Liga und Bezahlsender, in 20 Jahren nicht gelungen ist, Pay-TV in Deutschland wirklich zu etablieren. Die haben den Fehler gemacht - und das fing schon zu Zeiten von Georg Kofler an -, die Leute praktisch zu Abos zwingen zu wollen, indem sie Sport mit Filmen koppeln", sagte Rummenigge der Wirtschaftswoche.
Wolfsburgs Geschäftsführer Thomas Röttgermann sagte am Montag, dass sich die Bundesliga bereits Gedanken über Alternativen macht. "Die Vereine sind stark genug, ein autonomes Bundesliga-Fernsehen auf die Beine zu stellen. Die Liga muss am Szenario eines eigenen Senders arbeiten. Das unternehmerische Risiko ist angesichts der Attraktivität des Fußballs überschaubar", sagte Röttgermann dem Handelsblatt.
Rauball warnt vor einer "schleichenden Abwärtsspirale"
Damit die Abhängigkeit der 36 Erst- und Zweitligisten von den TV-Geldern nicht zu dramatisch wird, plant die DFL eine Verschärfung des europaweit anerkannten Lizenzierungsverfahren. So soll sich der Schuldenstand der Profiklubs nicht weiter erhöhen. "Ansonsten kann sich eine schleichende Abwärtsspirale entwickeln, die gefährlich werden könnte. Hintergrund ist der, dass es offensichtlich in einigen Fällen nicht ausreichend ist, wenn der Schuldenstand gleich bleibt. Wir wollen, dass Negativkapital abgebaut und in angemessener Weise zurückgezahlt wird", sagte Rauball.
Unabhängig von den wirtschaftlichen Schwierigkeiten sind Rauball die Bundesliga im Vergleich mit den übrigen europäischen Topligen aber weiter im Aufwind. "Die Attraktivität der Liga wird von Jahr zu Jahr höher. Wir wollen in dieser Saison den vierten Champions-League-Platz anpeilen. In der vergangenen Spielzeit haben wir den nur ganz knapp verpasst", sagte Rauball.
Gegenwind muss Rauball bei der Generalversammlung in Berlin nicht befürchten. Ursprünglich wollte Bayern-Präsident Hoeneß in einer Kampfabstimmung gegen Rauball antreten, zog sein Ansinnen aber aus privaten Gründen wieder zurück. Zudem wäre er nach eigenen Angaben als Ligapräsident in zu viele Interessenskonflikte geraten.