Centurion.
Die deutsche Nationalmannschaft trifft in Port Elizabeth im Spiel um Platz drei auf Uruguay. Die Spieler wollen die Bronzemedaille holen. Miroslav Klose peilt einen anderen Titel an.
Das ärztliche Bulletin der Chefärzte Prof. Dr. Tim Meyer und von Dr. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt klang wie ein Desaster. Meyer, der Internist, meldete Bundestrainer Joachim Löw, Kapitän Philipp Lahm und Lukas Podolski krank. Der Report für den Bundestrainer lautete: Schüttelfrost durch einen grippalen Infekt. „Philipp und Lukas haben so etwas Ähnliches. Es hat uns erwischt“, sagte Teammanager Oliver Bierhoff, der sich selbst nach einer Erkältung schon wieder erholt hat.
Körperliche Gebrechen
Aber nicht nur Krankheiten schwächten die deutsche Nationalmannschaft am Tag vor dem WM-Abschluss mit dem Spiel heute (Samstag, 20.30 Uhr) um Platz drei gegen Uruguay. Auch die körperlichen Gebrechen nahmen zu. Der Bericht von Müller-Wohlfahrt, dem Orthopäden, war nicht kürzer. Miroslav Klose macht seit dem Spanienspiel Probleme die Wirbelsäule zu schaffen, Tim Wiese laboriert an einer Schleimbeutelentzündung im Knie. Der Rapport endete mit etlichen „Wehwehchen“ anderer Nationalspieler. Die fünf Patienten von der Kranken-Verletztenliste fehlten beim allerletzten Training in Atteridgeville. Hansi Flick musste für Löw die Chefrolle übernehmen. „Die Reiserei, die Klimaveränderungen, die ständigen Temperaturwechsel zwischen den Spielorten und unserem WM-Camp sind nicht leicht wegzustecken“, sagte Bierhoff.
Das Immunsystem von Hochleistungssportler ist extrem empfindlich, aber auch die Psyche spielt eine Rolle beim labilen Gesundheitszustand. „Es liegt auch daran, wenn der Druck abfällt und eine Enttäuschung eintritt“, begründete Bierhoff den Verfall beim Personalstand. Die drei Mediziner und vier Physiotherapeuten im Team des Deutschen Fußballbundes (DFB) mussten noch einen Tag harte Arbeit leisten, um möglichst viele Pflegefälle wieder fit zu bekommen. Ihrem Kraftakt wird das letzte Gefecht der Mannschaft folgen im Nelson-Mandela-Bay-Stadion, wo das Team vor drei Wochen mit 0:1 gegen Serbien verlor. Einige haben das Limit ihrer Leistungsfähigkeit erreicht, die Spieler des Bayern haben für den Klub und den DFB über 70 Spiele bestritten. Für den kranken Lahm, der zudem leichte Wadenprobleme hatte, wäre es das 73. Spiel in der Saison, in er nur ein einziges Mal (5:0 im Pokal gegen Oberhausen) ausgewechselt wurde.
„Jetzt haben wir einen Rhythmus wie in einer Bundesliga-Woche mit Champions League“, sagte Flick. Während den deutschen Nationalspielern beim dritten Spiel in acht Tagen nur 72 Stunden Pause vergönnt waren, konnten sich die Uruguayer nach dem 2:3 gegen Holland einen Tag länger ausruhen. Löw hatte sich sofort nach dem 0:1 gegen Spanien entschieden, bisher nicht oder wenig eingesetzte Reservespieler gegen die Südamerikaner ins Team einzubauen.
„Wir werden das Spiel ernsthaft angehen. Wir wollen einen schönen Abschluss wie 2006“, sagte Bierhoff. „Es ist besser zu sagen, wir sind WM-Dritter geworden, als wir sind im Halbfinale ausgeschieden“, meinte der Teamchef. Auch um die Fans zu Hause nicht zu enttäuschen, ist ein Stammelf-Gerüst mit zwei, drei Änderungen davor geplant. Wieses Knie-Malaise machte sein eigentlich geplantes WM-Debüt unsicher. Dass für ihn der 36-jährige Jörg Butt das Tor hütet, ist unwahrscheinlich. Manuel Neuer würde weiter im Kasten stehen.
Aogo und Tasci sollen zu Einsätzen kommen
Linksverteidiger Dennis Aogo und Innenverteidiger Serdar Tasci, bisher ohne eine WM-Minute auf dem Konto, sollen aber „als Dankeschön für ihre guten Trainingsleistungen“, wie Bierhoff sagte, zu Einsätzen kommen.
Einige Stammspieler streben neben dem Gewinn der Bronzemedaille noch persönliche Erfolge an. „Es ist der Wunsch von Miro Klose, in der Torschützenliste voranzukommen“, sagte Bierhoff. Noch ein Treffer und Klose, der trotz Zwicken im Rücken spielen möchte, wäre mit Ronaldo der beste WM-Torschütze aller Zeiten. „Es erfüllt die Mannschaft mit stolz, dass es so ist. Es zeigt schließlich die Qualität des Teams“, so Bierhoff.
Derweil hat Uruguay noch am K.o. durch die Spanier zu knabbern. „Vom Kopf her muss man das erstmal verarbeiten. Da muss man auch noch zu Hause drüber nachdenken“, sagte Müller. Löw und Bierhoff versuchen die leichte Depression vertreiben, indem sie an das Fußballfest beim 3:1 gegen Portugal vor vier Jahren erinnern. „Auch 2006 gab es erst die Niedergeschlagenheit. Das Spiel in Stuttgart hat uns wieder aufgerichtet“, sagte Bierhoff.