Pretoria. .

Der Bundestrainer sieht sich in seiner Treue zu Lukas Podolski und Miroslav Klose bestätigt. Er weist aber auch darauf hin, dass Serbien ein härterer Prüfstein als Australien werde.

Der „Man of the match“ wird bei der WM in Südafrika von einem Bierhersteller gekürt. Den Mitgliedern der Jury könnte also unterstellt werden, dass sie die Partien im Zustand feuchter Fröhlichkeit verfolgen und am Ende einen Namen notieren, der ihnen irgendwie präsent ist. Lukas Podolski zum Beispiel. Lukas Podolski genießt Respekt, auf der großen, der internationalen Bühne. An seinem vierten Turnier nimmt der 25-Jährige gerade teil, 39 Tore hat er in 74 Einsätzen für die deutsche Nationalelf erzielt. Das sind überzeugende Werte, die es leicht machen, aus dem Nebel heraus nach ihm zu greifen, wenn es darum geht, den „Spieler des Spiels“ zu prämieren.

Vor dem Weltpublikum müsste sich Joachim Löw nie dafür rechtfertigen, an Podolski festzuhalten wie an einem Lieblingsschal. In der Heimat aber ist man immer recht nah dran an Köln und weiß, dass der Poldi dieses zweite Gesicht hat, von dem oft rheinischer Lebensfrust abzulesen ist. Der Bundestrainer hat sich deshalb nach dem 4:0 in der ersten Vorrundenbegegnung mit den solide inspirationslosen Australiern noch einmal mit einer Ansprache an die Nation gewendet. Ein 28-Millionen-Publikum, wie der Erfolg in Durban, wird er damit Montag nicht erreicht haben. Aber übertragen wurde in die deutschen Haushalte, dass ihm „jegliches Verständnis“ dafür fehlt, dass im Nominierungsvorfeld Zweifel an seiner Entscheidung für Podolski aufgekommen sind.

Scheuklappen aus Stahl

Als Löw noch der Assistent von Jürgen Klinsmann war, wurde der Bundestrainer verdächtigt, mit Scheuklappen aus Stahl sein Ziel zu verfolgen, den Fußball in Deutschland von Grund auf zu sanieren. Wer genau hinhörte, konnte jedoch schon damals feststellen, dass der freundliche Herr an der Seite des rasanten Schwaben zur missionarischen Bestimmtheit neigt, wenn am Kern seiner Arbeit gekratzt wird. Und ein Moment der Euphorie, ein Sieg mit Treffern durch Podolski, dem Angezweifelten, durch Miroslav Klose, dem noch massiver Angezweifelten, durch Thomas Müller und Cacau, bietet ihm die Chance zur Gegenoffensive.

Oder besser: zur Präzisierung des eigenen Standpunktes. Natürlich, hat Löw eingeräumt, seien „die Australier nicht das Maß aller Dinge“ gewesen, und natürlich seien die Serben, mit denen sich Deutschland am Freitag messen muss, „ein härterer Prüfstein“. Doch, egal, welcher Gegner auch auftaucht, er wird nach des Bundestrainers Vorstellungen behandelt werden. „Es gibt vielleicht Trainer, die sagen, ich will einen anderen Spielertypen“, leitete Löw nach seinem 50. Spiel in der Verantwortung seinen Exkurs über den Trainer Löw ein. Und in der Essenz wiederholte er im Weiteren das, was er dem kritischen Heimatland bereits seit Jahren vermitteln will. Zur Umsetzung „meiner Philosophie“, zur Übertragung „meiner Spielweise“ auf den Rasen suche ich mir meine Leute selbst aus. Punkt. Standpunkt.

Miniaturartige und gewaltige Passkunst

Nach einer nicht repräsentativen Umfrage dieses Mediums im Moses-Mabhida-Stadion war der „Man of the match“ in Durban Mesut Özil. Dem Raffinement der miniaturartigen und gewaltigen Passkunst des 20-Jährigen waren die Australier hilflos ausgeliefert. Und die Abwehrreihe der deutschen Auswahl mag nach Ansicht Löws noch „nicht genug nach vorne geschoben haben“. Zum Beeindrucken der Vertreter der Randregion des Weltfußballs reichte auch das zurückhaltende Drängen eines konservativen Linksverteidigers wie Holger Badstuber aus. Und unter dem dicken schwarzen Strich genügte es auch, dass Miroslav Klose aus der Vielzahl seiner Möglichkeiten mit dem Kopf nach einer gestoßen hat.

„Wir haben beide alles richtig gemacht“, verkündete der von seinem Klubcoach Louis van Gaal mit einer Teilzeitbeschäftigung abgefundene und von Löw für äußerst wertvoll erachtete Stürmer anschließend. Sein fünftes Turnier spielt er gerade. 49 Treffer hat er in 97 Länderspielen erzielt. Das erhebt ihn zum Kandidaten für einen Pokal des Bierherstellers. Wichtiger als ein geistiges Getränk ist für ihn aber das Philosophische.