Essen. Die Zeiten ändern sich – natürlich auch im Fußball. Der Wandel beeinflusst nicht nur die Berichterstattung. Eine Kolumne.

Wie sich die Zeiten ändern. Wenn früher WM war, riefen Leute, die sich an den Theken die Köpfe heiß redeten, gerne mal bei der Zeitung an. Dann bimmelte während eines stressigen Spätdienstes mit aktuellen Abendspielen das Telefon in der Sportredaktion, und man hörte in etwa Folgendes: „Nabend, Schulz hier, wir sitzen gerade in der Hopfenklause und haben eine Streitfrage. Das dritte Tor ‘54 im Finale hat ja der Rahn geschossen. Und das erste der Morlock. Aber wer das zweite? Ich sag ja auch der Rahn, aber die anderen hier sagen Morlock.“ – „Sie haben recht, zweimal Rahn stimmt.“ – „Moment, bleiben Sie mal dran. Siggi, komm mal her, hör Dir das mal an von dem Mann hier. Der sagt, ich hab die Wette gewonnen.“ Warten. „Jetzt komm schon, Siggi.“ – „Sorry, ich habe keine Zeit mehr, wir müssen arbeiten.“ – „Aber der glaubt mir nicht, wenn er das nicht selber von Ihnen hört.“ Dann kam Siggi doch noch ans Telefon, und natürlich vertraute er, wenn auch zähneknirschend, dem Fachmann. So war das – vor der Erfindung des Smartphones.

Wie sich die Zeiten ändern. Von einem „Box-to-Box-Spieler“ ist heute die Rede, Goretzka sei so einer. Trainer, Spieler, TV-Kommentatoren und TV-Experten lieben es, mit Modewörtern der Fußballsprache Kompetenz zu unterstreichen. Den Lupfer scheint es nicht mehr zu geben, es muss dringend ein Chipball sein. Dass eine Mannschaft „auf den zweiten Ball gehen“ muss, kann Menschen verwirren, die bisher dachten, es werde nur mit einem Ball gespielt. Sprache ist ständig im Wandel, auch im Fußball. Einige Begriffe von einst sind komplett verschwunden. Der Außenstürmer fummelt nicht mehr. Der Verteidiger ruppt nicht mehr. Und der Manndecker – ach, lassen wir das.

Als Jack White für Tennis Borussia Berlin spielte

Wie sich die Zeiten ändern. Ein Freund aus Bonn, selbst jahrelang Sportredakteur und fußballbekloppt, zeigte mir kürzlich Mannschaftsbilder aus den Siebzigern, ich sollte die Teams erkennen. Aha: Tennis Borussia Berlin. Das war der Klub von Jack White, mit dem Geld des Schlagerproduzenten gelang sogar der Bundesliga-Aufstieg. Er selbst spielte unter seinem bürgerlichen Namen Horst Nußbaum im Amateurteam des Vereins, aber einmal erfüllte er sich einen Traum: Mit 36 gönnte er sich einen Einsatz als Libero bei den Profis, im DFB-Pokal ‘76/77. Das ging mit 1:5 beim 1. FC Köln zwar schief, aber der Mäzen hatte seinen großen Tag. Da wäre fein was los heutzutage.