Berlin. Hertha BSC steckt weiter tief im Abstiegskampf. Im Stadtderby gegen Rivale Union setzte es eine herbe 1:4-Niederlage.
Vor den brennenden Fackeln im Gästeblock tanzten die Unioner wie kleine Kinder und feierten mit den Fans ausgelassen das „Derby-Triple“, als die Herthaner 150 Meter entfernt zum zweiten Mal an diesem Abend gedemütigt wurden. Die aufgebrachten Ultras in der Ostkurve forderten von den Verlierern, dass sie ihre Trikots ausziehen und niederlegen. Die klare Symbolik dahinter: Ihr seid das blau-weiße Trikot nicht wert!
„Nach dem Spiel ist klar, dass die Fans sauer sind, deswegen habe ich es gemacht“, sagte Linksverteidiger Maximilian Mittelstädt bei Sky: „Ob es jetzt etwas mit Demütigung zu tun hat oder nicht - ich wollte einfach einen Konflikt vermeiden.“ Geschäftsführer Fredi Bobic gab zu: „Ich hätte es nicht gemacht. Das hat nichts mit Konfrontation zu tun. Das muss jetzt auch nicht sein.“
Zuvor waren die Profis von Hertha BSC auf dem Rasen von Union Berlin sportlich gedemütigt worden. Die Eisernen gewannen das einseitige Stadtderby im ausverkauften Olympiastadion vor 74.667 Zuschauern nach einer reifen Leistung mit 4:1 (1:0) und schossen den Rivalen ein Stück näher Richtung Abstieg.
„Der Sieg ist verdient, in der Höhe vielleicht um ein Tor zu hoch“, sagte Union-Trainer Urs Fischer. Auch für Hertha-Coach Felix Magath waren die Eisernen die „klar bessere Mannschaft“, er gestand: „Also ich brauche in dieser Saison kein Derby mehr.“
Union-Fans machen Party nach dem Spiel
Unions dritten Stadtderby-Sieg in dieser Saison nach dem Hinspiel (2:0) und dem Pokal-Achtelfinale (3:2) besorgten Genki Haraguchi (31.), Grischa Prömel (53.), Sheraldo Becker (74.) und Sven Michel (85.). „Stadtmeister, Stadtmeister, Berlins Nummer eins!“, sangen die rund 12.000 Union-Fans schon vor dem Abpfiff. „Sie sind im Moment eine Nummer größer als wir“, gab Bobic zu.
Die Herthaner, die die zweite Niederlage im dritten Spiel unter Magath kassierten, konnten durch ein Eigentor von Timo Baumgartl (49.) zwischenzeitlich zwar ausgleichen, waren aber über weite Strecken deutlich unterlegen. Der überragende Torhüter Marcel Lotka verhinderte vor allem in der ersten Halbzeit eine noch höhere Niederlage.
„Es war einfach zu wenig, ganz klar“, sagte Lotka: „Jetzt heißt es, die notwendigen Punkte zu holen. Hertha wird nicht absteigen.“ Doch für den Klassenerhalt dürfe so eine Leistung wie gegen Union „nicht nochmal passieren“, forderte der Deutsch-Pole.
Das Olympiastadion war erstmals seit dem 19. Januar 2020 wieder komplett gefüllt. Darauf hatte sich auch Magath gefreut: „Endlich mal wieder volle Hütte, endlich mal wieder richtige Fußball-Atmosphäre.“
Eitschberger war bei seinem Debüt überfordert
Der Hertha-Trainer vertraute im Spiel des Jahres ausgerechnet einem Debütanten: U19-Spieler Julian Eitschberger sollte als Linksverteidiger „Energie und Vorwärtsdrang“ einbringen - doch dieser Magath-Plan ging nicht auf. Eitschberger, zur Halbzeit ausgewechselt, hatte große Probleme. Doch damit war er bei Hertha nicht allein.
Die Unioner erwischten den besseren Start. Sie waren giftiger, laufstärker, passsicherer - und torgefährlicher. Becker (3.), Baumgartl (4.), Prömel (13.) und Taiwo Awoniyi (17.) besaßen große Chancen zur Führung. Doch Lotka reagierte jeweils herausragend.
Für Herthas Torjäger Stevan Jovetic war das Spiel nach nur 20 Minuten und acht Ballkontakten wegen einer Verletzung beendet. Weil sich der Mann aus Montenegro bei seiner Auswechslung für Ishak Belfodil zu viel Zeit ließ, holte er sich auch noch eine Verwarnung ab.
Hertha schien der Heimvorteil zu lähmen. Die Mannschaft wurde von den Gästen zunächst in der eigenen Hälfte eingeschnürt, beim Kopfball von Haraguchi nach einer Becker-Flanke war auch Lotka geschlagen.
Der Start in die zweite Hälfte war ereignisreich: Zuerst lenkte Baumgartl bei einem Klärungsversuch den Ball ins eigene Tor, und nur vier Minuten später sorgte Prömel nach einer Flanke von Niko Gießelmann für die erneute Union-Führung. Danach zogen sich die Gäste etwas zurück, um über die schnellen Becker und Awoniyi Konter zu fahren. (sid)