Amsterdam. Flick sieht keinen Sieg, aber ein gutes Spiel seiner Mannschaft. Müller trifft fürs DFB-Team, das in den Niederlanden großes Glück hat.
Der Rahmen war ein würdiger für diesen Klassiker, 55.500 Fans, die meisten in Orange gekleidet, verfolgten das Spiel in der Johan-Cruyff-Arena zwischen den Niederlanden und Deutschland. Und die 90 Minuten entwickelten sich zu einem Duell, das für ein Testspiel ein beachtliches Tempo annahm, indem die deutsche Nationalmannschaft lange überzeugte. Am Ende trennte sich die Auswahl von Bundestrainer Hansi Flick 1:1 (1:0) vom kleinen Nachbarn. Thomas Müller erzielte die Führung (45.+1), Steven Bergwijn den Ausgleich (68.). Im neunten Spiel unter Flick verließ Deutschland den Platz zum ersten Mal nicht als Sieger, trotzdem verdeutlichte die Partie, dass unter dem 57-Jährigen etwas entstehen könnte.
Hansi Flick verschaffte Verteidiger Nico Schlotterbeck eine weitere Möglichkeit, sich zu beweisen. An seiner Seite sollte Antonio Rüdiger in seinem 50. Länderspiel Gegentore. Kapitän Manuel Neuer kehrte ins Tor zurück. Auch Thomas Müller und Leroy Sané durften beginnen, beim Test gegen Israel (2:0) hatten beide noch auf der Bank gesessen.
Kimmich fehlt erneut
Flick schickte seine derzeit wohl stärkste Elf auf den Rasen, allerdings fehlten dem Bundestrainer einige Profis, die bei der Winter-WM in Katar eine bedeutsame Rolle einnehmen sollen. Darunter die vier Bayern-Spieler Joshua Kimmich, Niklas Süle, Leon Goretzka und Serge Gnabry. Kimmich wartete vor dem Anpfiff weiterhin auf die Geburt seines dritten Kindes. Flick entschied daher, dass der 27-Jährige in München bleiben solle, die Familie sei wichtiger, meinte der Trainer.
Auch ohne Kimmich verdeutlichte die deutsche Mannschaft von Beginn an, dass sie sich etwas vorgenommen hatte an diesem Dienstagabend. Flicks Mannschaft schob sich weit nach vorne, attackierte den Gegner, provozierte dadurch Fehlpässe. Die erste Chance hatten trotzdem die Niederlande, Teun Koopmeiners köpfte den Ball in die Hände von Manuel Neuer (6.). Ansonsten bestimmte zunächst Deutschland das Spiel.
Thomas Müller hauchte einen hohen Pass zu Leroy Sané, der den Ball mit der Brust abtropfen ließ, mit seinem Schuss aber nur das linke Außennetz traf (12.). Das Tempo dieser Partie beschleunigte sich, auf der Gegenseite geriet die Flanke von Donyell Malen etwas zu schnell. Nur kurz danach köpfte Timo Werner nach einer Flanke von David Raum an die Latte, Werner hatte allerdings im Abseits gestanden (21.).
BVB-Star Malen sorgt für Kopfschmerzen
Der deutschen Defensive bereitete vor allem ein Dortmunder Kopfschmerzen, Malen verdient sein Geld beim BVB. An diesem Abend war er es, der in der Regel dafür sorgte, dass sich Manuel Neuer anstrengen musste. Zweimal durch einen Fernschuss (32., 38.), dazwischen schüttelte Memphis Depay Ilkay Gündogan ab und spielte auf Malen. Dieser rannte auf Neuer zu, Rüdiger bedrängte ihn allerdings noch, daher schoss Malen links vorbei (35.).
Und als es so schien, als stünden die Gastgeber vor der Führung, schickte Timo Werner Jamal Musial in den gegnerischen Sechzehnmeterraum. Der 19-Jährige hatte schon bis dahin verzückt, nun passte er in die Mitte auf Kai Havertz. Tyrell Malacia spitzelte den Ball im letzten Moment weg, aber im Hintergrund lauerte Thomas Müller und erzielte kompromisslos das erste Tor (45.+1).
Schon kurz nach der Halbzeitpause hätte Deutschland erhöhen können, vielleicht müssen. Sané schaffte es, auf die linke Seite zu verlagern. Dort hatte Raum eine Menge Platz und hätte sogar auf Werner in der Mitte spielen können, stattdessen beförderte er den Ball über das Tor (48.). Flicks Elf dominierte jetzt, die Fans wurden ungeduldiger.
Bergwijn trifft als Joker
Louis van Gaal, Trainer der Niederlanden, reagierte, nahm unter anderem Malen raus, der mittlerweile kaum noch am Spielgeschehen teilnahm (58.). Steven Bergwijn kam für ihn – und keine zehn Minuten später flog ein langer Ball in den deutschen Sechzehnmeterraum. Denzel Dumfries gewann das Kopfballduell gegen Raum, in der Mitte wartete jener Bergwijn und erzielte den Ausgleich (68.). Jetzt wurde es turbulent. Kehrer brachte Depay im Sechzehnmeterraum zu Fall, Schiedsrichter Craig Pawson pfiff Elfmeter, nahm diesen jedoch zurück, als er sich die Szene noch einmal auf dem Monitor anschaute (73.). Deutschland wackelte, weitere Tore fielen jedoch nicht.
Weiter geht es für Flicks Elf nun in der Nations League, am 4. Juni wartet die nächste Herausforderung. In Bologna trifft Deutschland auf den Europameister Italien, der allerdings die WM verpasst hat. Es folgen Duelle gegen England und Ungarn, spätestens dann dürfte der Bundestrainer die Leistungsfähigkeit seiner Mannschaft einschätzen können und wissen, woran bis zum Turnier im Winter noch gearbeitet werden muss.
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