Dortmund. . Beim TuS Bövinghausen spielen Ex-Profis wie David Odonkor und Kevin Großkreutz. Das Beispiel zeigt: Im Amateurfußball braucht es enorme Summen.
Dass hier größer gedacht wird, dass hier ehemalige Profis wie Kevin Großkreutz und David Odonkor zu bestaunen sind, dass hier viel über das Verhältnis des unterklassigen Fußballs zu Geld erzählt werden kann, lässt sich zunächst nicht erahnen. Ein grünes Tor versperrt den Weg zum Kunstrasenplatz des TuS Bövinghausen, rechts brummen Autos über die B235, nach Bochum kann man im Grunde laufen. Das kleine Schild, das die Eintrittspreise verrät, versteckt sich fast ein bisschen. Männer zahlen acht Euro, Frauen fünf.
Weltmeister Kevin Großkreutz in der Westfalenliga
Schaut man jedoch genauer hin, erblickt man Spuren des Geld. Eine kleine Tribüne, die Sitze glänzen in den Vereinsfarben blau und rot. Oder große Fenster, die das neue Vereinsheim schmücken. Neugierige sollen sich hier wohlfühlen, die sich das derzeit wohl ambitionierteste Projekt im Dortmunder Amateurfußball anschauen möchten.
Bövinghausen ist von der Kreisliga bis an die Tabellenspitze der Westfalenliga gesprungen, der Aufstieg in die Oberliga soll folgen. Kevin Großkreutz (33), Weltmeister von 2014, Fanikone von Borussia Dortmund, spielt hier. David Odonkor (37), Sommermärchen-Held, Meister mit Dortmund, gehört ebenfalls zur Mannschaft. Der Trainer heißt Sebastian Tyrala (33), dem als BVB-Jugendspieler Besonderes zugetraut wurde. Verletzungen aber verhinderten eine große Karriere.
Wie hat das geklappt?
Spricht man mit dem Mann, der hinter dem Projekt steckt, wählt dieser Worte wie Leidenschaft und Geduld, die es brauche. Wobei Ajan Dzaferoski, Präsident des Vereins, auch einräumt, dass es ohne Geld nicht gehe. Denn zur Wahrheit gehört, dass der Aufstieg des TuS Bövinghausen viel erzählt über den Amateurfußball im Allgemeinen, der im Kontrast zu den Profis gerne als demütig bezeichnet wird, indem die wirtschaftlichen Verhältnisse aber ebenfalls über Erfolg bestimmen. Jedenfalls bei den Herren.
Amateurfußball: Jobs werden versprochen, Autos auch
Dort tummeln sich Mäzene. Umschläge mit Euroscheinen werden Spielern zugesteckt, Jobs werden vermittelt, Autos versprochen. Schon in der Kreisliga können Leistungsträger monatlich ein paar Hundert Euro verdienen. In der Bezirksliga braucht es bereits einen Personaletat von jährlich rund 25.000 Euro, um konkurrenzfähig zu sein. Dieser Bedarf steigt, je höherklassiger gespielt wird.
Genaue Zahlen gebe es nicht, meint Manfred Schnieders, Vizepräsident Amateurfußball beim Fußball- und Leichtathletik-Verband Westfalen (FLVW). Klar sei, „es macht den Amateurfußball eigentlich kaputt. Wir haben Spieler, die von einem Verein zum anderen laufen“, sagt er. Überhaupt sei es für Klubs bei diesen Summen extrem schwierig, wirtschaftlich zu arbeiten. Die Zuschauerzahlen seien dafür meist zu niedrig. „Einige machen sich von einem einzigen Sponsor abhängig, aber wenn dieser weg ist, geht es abwärts.“ Deswegen würde Schnieders es begrüßen, „wenn die Gehälter minimiert würden und wenn mit dem Geld die Jugendarbeit aufgebaut würde“.
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Also zurück zum TuS Bövinghausen, der nicht einen Jugendspieler ausbildet, was einige bemängeln. Dies solle sich ändern, sagt Ajan Dzaferoski, der die Sache mit dem Geld nicht so kritisch sieht – das meiste stammt vom Dortmunder Unternehmer selbst. „Wir zahlen manchen Spieler 200 Euro, einigen 900.“ Kevin Großkreutz jedoch erhalte mehr, den genauen Betrag will Dzaferoski nicht nennen. „Aber Kevin zieht die Massen an, das lockt Sponsoren. Unser Zuschauerschnitt liegt bei 600, 700 Leuten.“
Der Vertrag von Großkreutz bei Bövinghausen läuft bis 2023. Sein Ziel sei die Oberliga, hat er bereits verkündet. In den Sozialen Medien veröffentlicht der Dortmunder beständig Bilder mit seiner Mannschaft, aus der Kabine, bei der Weihnachtsfeier. Großkreutz bringe sich voll ein, berichtet Ajan Dzaferoski und wirbt dafür, dass auch andere Klubs versuchen, ehemalige Profis zu verpflichten. „Das sollte man ausreizen, das macht den Amateurfußball interessanter.“
Die Grenze des TuS Bövinghausen? Regionalliga
Wie David Odonkor, der seine Karriere schon lange beendet hatte, ehe sich im Sommer Bövinghausen meldete. „Ich helfe dem Verein gerne“, sagt Odonkor. Die Gehälter der Spieler möchte er nicht kommentieren. „Das weiß ich nicht, dafür bin ich nicht zuständig. Mir gefällt, dass der Verein Ziele hat.“
Bis in die Regionalliga wolle der Klub marschieren, sagt der Präsident des TuS Bövinghausen. Dann sei eine Grenze erreicht, schließlich gebe es in der Stadt noch Borussia Dortmund. „Es müsste bei uns schon ein Unternehmen wie Amazon investieren, um noch höher zu kommen“, sagt Ajan Dzaferoski.
Mit den Summen der Profis haben die Amateure dann doch so wenig gemeinsam wie Kevin Großkreutz mit dem FC Schalke 04.