Essen. Das Reizthema Katar sorgt auf der Mitgliederversammlung des FC Bayern München für Chaos und Wut. Der Verein hat Fehler gemacht. Ein Kommentar.

Uli Hoeneß resignierte. Der Ehrenpräsident des FC Bayern München stand am Ende einer denkwürdigen Jahreshauptversammlung des deutschen Fußball-Rekordmeisters vor dem Rednerpult, um sich den wütenden und schreienden Mitgliedern zu stellen. Doch er verließ das Podium wortlos. Im Nachgang erklärte er, dass es "die schlimmste Veranstaltung" gewesen sei, die er beim FC Bayern je erlebt habe. Er schäme sich.

FC Bayern München will Reizthema Katar aussitzen

Ein Schuldeingeständnis war nicht zu vernehmen. Auch nicht von seinem Amtsnachfolger Herbert Hainer, dessen Fehler Hoeneß wohl spontan mit einer Ansprache beheben wollte. Der neue Präsident des FC Bayern hatte die Lage mit einem arroganten Auftritt eskalieren lassen. Eine Wortmeldung des Katar-Kritikers Michael Ott ließ er nicht mehr zu.

Auch Bayern-Ikone Hoeneß sah ein, dass die aufgebrachten Mitglieder nicht mehr zu besänftigen waren. Die neue Führung um Hainer und Oliver Kahn wollte das Reizthema Katar aussitzen und kritischen Diskussionen möglichst aus dem Weg gehen. Mit seiner Taktik des Schweigens ist der FC Bayern krachend gescheitert. Die neue Führung hat sich bei der JHV lächerlich gemacht.

Im Fokus der Fan-Kritik: Bayern-Präsident Herbert Hainer.
Im Fokus der Fan-Kritik: Bayern-Präsident Herbert Hainer. © Unbekannt | firo

Die Geschäftsbeziehung mit dem Emirat und Gastgeberland der Fußball-WM 2022 spaltet nicht nur die Bayern-Fanszene. Diskussionen werden in der Welt des Fußballs bis zum Start der WM andauern. Dass in einem Land wie Katar Menschenrechte verletzt werden, sollte bekannt sein. Auf das Geld wird trotzdem nicht verzichtet. Es ist wichtiger als die Moral. Längst haben sich große Fußballvereine zu reinen Wirtschaftsunternehmen entwickelt.

Der FC Bayern benötigt das Katar-Sponsoring, um international konkurrenzfähig zu bleiben. Das ist zumindest aus sportlicher Sicht nachvollziehbar. Wer Millionen aus einem Unrechtsstaat bezieht, muss jedoch mit Kritik umgehen können. Der deutsche Vorzeigeklub hätte sich einer Diskussion über die Lage in Katar stellen müssen. Zumindest ein ehrlicher Umgang mit der Problematik wäre zu erwarten gewesen. Diese Chance hat der Verein verpasst. Der FC Bayern hat jegliche Haltung vermissen lassen und somit auch kein Zeichen setzen können.

FC Bayern: Hoeneß und Rummenigge hinterlassen große Lücke

Auch Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge haben in der Vergangenheit Konflikte mit den Fans gehabt. Auch sie haben die engen Verbindungen des Klubs zu dem Emirat zu verantworten. Trotzdem sind ihnen die Mitglieder über viele Jahre stets gefolgt. Weil sie auch in schwierigen Momenten Haltung gezeigt haben. Die Lücke, die sie mit ihrem Rückzug hinterlassen, ist größer, als ohnehin zu vermuten war.