München. Die bemerkenswerte Entwicklung von Leroy Sané erreicht beim FC Bayern die nächste Stufe. Viel zu tun hat das mit seinem Trainer Nagelsmann.

Leroy Sané hatte schon während des Spiels viele Glückwünsche entgegennehmen dürfen oder teils auch müssen. Wie nach seinem 1:0 von Thomas Müller, der ihm mit beiden Händen die Wangen tätschelte wie ein etwas aufdringlicher Verwandter dem ja schon ach so groß gewordenen Kind auf der Familienfeier. Sané kniff die Augen zusammen und ließ den Überfall über sich ergehen.

Dino Toppmöller ersetzt Julian Nagelsmann beim FC Bayern

Auch später, nach diesem überlegen erspielten, aber erst am Ende deutlichen 4:0 (0:0)-Sieg des FC Bayern im Gruppenspiel der Champions League bei Benfica Lissabon, erreichten Sané zahlreiche Komplimente. Darunter von seinem Cheftrainer, der am Mittwochabend auf dem Spielberichtsbogen nicht Julian Nagelsmann hieß, sondern Dino Toppmöller. Das lag daran, dass Nagelsmann im Teamhotel geblieben war – vermeintlich wegen eines grippalen Infekts, wie der Verein zunächst vermeldet hatte. Am Donnerstag aber verkündete der FC Bayern, der 34-Jährige sei „trotz vollständigen Impfschutzes positiv auf das Coronavirus getestet worden. Er wird getrennt von der Mannschaft mit einem Ambulanzflieger nach München zurückkehren und sich dort in häusliche Isolation begeben.“ Damit dürfte Nagelsmann vorerst nicht auf die Bank zurückkehren.

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Gesteuert hatte er das Geschehen in Lissabon vom Teamhotel aus, indem er Kontakt zu seinen Assistenten hielt und diese anwies, Flügelspieler Serge Gnabry für den sehr offensiv agierenden Rechtsverteidiger Benjamin Pavard einzuwechseln. „Eine mutige, aber goldrichtige Entscheidung“, befand Toppmöller, ehe er über Sané eine ganze Kaskade an Elogen folgen ließ. „Herausragend“ agiere Sané auf den Halbpositionen, „weil er ein sehr guter Fußballer ist und auch sehr gut zwischen den Linien spielen kann“, lobte Toppmöller. „Sehr aktiv“ sei der Offensivspieler gegen Benfica gewesen, er habe ein „super Positionsspiel“ gehabt. Und dann war da ja noch jener direkte und scharf getretene Freistoß aus rund 23 Metern über die Mauer hinweg, mit dem Sané den Sieg und damit großen Schritt in Richtung Achtelfinale entscheidend auf den Weg gebracht hatte (70.).

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Als „sensationell“ bezeichnete Toppmöller diesen Freistoß mit links und verlieh seiner Freude Ausdruck, dass sich Sanés Trainingsfleiß ausgezahlt hatte. Nachdem Sané in der ersten Halbzeit einen Freistoß über das Tor geschossen hatte, habe er, Toppmöller, vor dem zweiten und erfolgreichen Freistoß auf der Bank gesagt: „Gestern hat er jeden zweiten reingemacht, dann müsste der jetzt reingehen.“ Toppmöllers Fazit: „Umso schöner, dass der reingegangen ist und uns als Dosenöffner geholfen hat, das Spiel zu gewinnen.“ Sané, der Matchwinner, der zudem die Schleife um diesen Sieg knüpfte, weil er auch das 4:0 erzielte (84.). Dazwischen hatten Everton per Eigentor (80.) und Robert Lewandowski (82.) getroffen, Letzterer nach Sanés uneigennütziger Vorlage. Aufgefallen war Sané mit weiteren Mannschaftsdiensten als energischer Zweikämpfer und Balldieb in der Defensive sowie als Ballschlepper und Gestalter in der Offensive.

Leroy Sané wurde von Bayern-Fans ausgepfiffen

Ist das wirklich jener Sané, der auf den Tag genau vor zwei Monaten beim Ligaspiel gegen Köln wie ein Künstler von einer sehr traurigen Gestalt gewirkt hatte? Der von den eigenen Fans ausgepfiffen und verhöhnt worden war? Und der nach seinem Wechsel von Manchester City für knapp 50 Millionen Euro Ablöse auch in der vergangenen Saison oft verzagt, gehemmt und unglücklich aufgetreten war? Zuletzt hatte der 25-Jährige bereits deutliche Fortschritte erkennen lassen. Er wirkte endlich angekommen beim FC Bayern, nachdem Nagelsmann ihm immer wieder das Vertrauen ausgesprochen und ihn vorzugsweise auf die halblinke Seite verschoben hatte. In Lissabon erklomm das Schalker Eigengewächs nun als hauptamtlicher Zehner, als zentraler Kreativer, eine weitere Stufe in seiner bemerkenswerten Entwicklung. Er war nun jener Akteur, der das störrische Spiel im Getöse des Estádio da Luz an sich riss, der es auf seine Seite zwang und damit auf die der Bayern. Es war ein Auftritt, bei dem dieser Sané 3.0 wie ein Führungsspieler agiert hatte.

Der Aufforderung des DAZN-Reporters, sich selbst zu loben, kam Sané später aber nicht nach. Er sprach vielmehr über die Leistung der Kollegen und über die Mannschaft als gesamtes Gebilde, allerdings so schlicht wie möglich. „Ich bin sehr zufrieden mit der Leistung“, sagte der deutsche Nationalspieler knapp. Vielleicht lag das auch an seiner Art der Fürsorge. Also daran, dass er sich und den Mitspielern weitere Gesichts-Tätscheleien ersparen wollte.