Essen. Die Fifa möchte die Fußball-WM alle zwei Jahre spielen lassen. Die Uefa wehrt sich. Hinter den Kulissen brodelt es. Es geht um Macht und Geld.
Es ist nun fast ein Jahrhundert verstrichen, seitdem sich 13 Mannschaften zur ersten Fußball-Weltmeisterschaft versammelt haben. 1930 startete der Weltverband Fifa mit einem Wettbewerb, der ein Erfolgsmodell werden sollte. Mit den Jahren stiegen die Teilnehmerzahl, die Aufmerksamkeit und die Einnahmen, eine Sache aber blieb bestehen (mit Ausnahme des Zweiten Weltkriegs): Das Turnier wird nur alle vier Jahre durchgeführt.
Genau das könnte sich nun ändern – und deswegen brodelt es hinter den Kulissen. Fifa-Präsident Gianni Infantino plant eine Revolution, die den gesamten Spielkalender durcheinanderwirbeln würde. Geht es nach dem 51-Jährigen, soll der größte Fußball-Wettbewerb der Welt bald im Zweijahres-Rhythmus stattfinden. Die Folgen? Riesig. Der Widerstand auch. Gerade die Europäische Fußball-Union Uefa wehrt sich, sie droht sogar mit Boykott.
Wie realistisch sind Infantinos Fantasien also? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
Wie sieht der Fifa-Plan aus?
Hinausposaunt wurde die Idee eines Zwei-Jahres-Turnus zwar bereits, doch die Umsetzung bleibt vage. Der aktuelle Spielkalender gilt bis Ende 2024, inklusive der EM in Deutschland. Ab der WM 2026 in den USA, Mexiko und Kanada, bei der erstmals 48 Nationen antreten, könnte der neue Rhythmus eingeführt werden. Die nächste EM fände dann nicht 2028, sondern 2027 statt. Ein Jahr später würden sich die Stars ihre Nationaltrikots bereits wieder für eine Weltmeisterschaft überstreifen.
Und so weiter.
Am 30. September sollen nun in einem Online-Gipfel alle Meinungen gehört werden.
Was steckt hinter der Fifa-Idee?
Geld und Macht. Präsident Gianni Infantino möchte die Einnahmequellen des Weltverbandes ausweiten, er möchte zudem den Konkurrenten Uefa schwächen. Das Konto der Fifa füllt sich durch TV-Gelder und Sponsoren-Einnahmen nur nennenswert bei einer WM (2018 waren es rund fünf Milliarden Euro). Je häufiger diese stattfindet, desto voller das Konto.
Die Uefa verfügt hingegen noch über lukrative Wettbewerbe wie die Champions League, überhaupt wird der Großteil des Geldes im Profi-Fußball in Europa umgesetzt. Außerhalb des Kontinents ist der Widerstand gegen eine WM alle zwei Jahre daher nicht so groß. Afrikas Konföderation hat sich bereits für den Plan ausgesprochen, hinzu kommen mehrere asiatische Verbände. Den ersten Vorstoß hat Saudi-Arabien initiiert, mit König Salman ibn Abd al-Aziz führt Infantino enge Beziehungen. Entscheiden muss am Ende der Fifa-Council, eine einfache Mehrheit unter den 37 Mitgliedern reicht. Durch Unterstützung aus Afrika und Asien könnte Infantino diese zusammenbekommen.
Wie wehrt sich die Uefa gegen die Fifa?
Uefa-Präsident Aleksander Ceferin hat bereits mit Boykott gedroht. Am Mittwoch kritisierte die Fußball-Union die Fifa-Pläne in einer Pressemitteilung erneut und zeigte sich enttäuscht. Denn mehr als eine Woche nach der Bitte der Uefa und ihrer Mitglieder um den DFB, eine Sondersitzung zu organisieren, habe die Fifa darauf noch nicht geantwortet. Was wiederum zeigt, wie zerschnitten das Tischtuch der beiden Organisationen bereits ist. Allerdings: Aleksander Ceferin verkauft sich jetzt zwar als Traditionalist. Ihm geht es aber vor allem darum, dass seine Wettbewerbe nicht an Bedeutung verlieren und so die Einnahmen sinken könnten.
Was wären die Folgen für den Fußball?
Kritiker befürchten, dass die Weltmeisterschaft und die Europameisterschaft an Bedeutung verlieren. Denn würde tatsächlich in jedem Sommer ein großes Turnier stattfinden, dann könnten Stars pausieren in dem Wissen, dass sich die nächste Chance auf einen Titel schon im nächsten Jahr bietet. Durch die steigende Belastung drohen ohnehin Verletzungen. Außerdem würden die Männer-Mannschaften anderen die Aufmerksamkeit entziehen. Etwa den Frauen, deren WM und EM derzeit durchgeführt wird, wenn kein großer Männer-Wettbewerb die Kameras auf sich zieht.
Und wo bleiben die Fans bei der Fifa-Idee?
Die können sich im Internet an einer Umfrage der Fifa beteiligen, ein wirkliches Mitspracherecht haben sie nicht. Allerdings benötigt der Weltverband die Anhänger. Denn das Schlimmste wäre, wenn sie am Ende den Fernseher ausgeschaltet lassen würden.