Essen. Es gibt Fußballer, die stehen für unterhaltsame Anekdoten um Kippen und Bier. Steffen Baumgarts Nachsicht würde ihnen kaum helfen. Eine Kolumne.

Es gibt viele gute Gründe, sich an Walter Frosch zu erinnern. Dass der Abwehrspieler in den 1970er-Jahren eine Einladung in die B-Nationalmannschaft mit den Worten ausschlug: „Ein Walter Frosch spielt nur in der A-Mannschaft oder in der Weltauswahl.“ Dass er mal in einer Zweitliga-Saison 19 Gelbe Karten holte (vielleicht auch ein paar mehr, die Aufzeichnungen sind da ungenau), weshalb der DFB eiligst die Gelbsperre einführte. Oder dass er mal einem Kneipengänger Schläge androhte, wenn der weiter schlecht über den 1. FC Kaiserslautern redet. Blöderweise war der Kontrahent zwei Meter groß und Frosch erschien tags drauf mit blauen Flecken übersäht zum Training.

Aber die berühmteste Walter-Frosch-Geschichte ist natürlich die vom „Tag der Legenden“ am Millerntor im Jahr 2007. Frosch wird im Fernsehen interviewt, im Gesicht erkennbar gezeichnet von seinem ungesunden Lebenswandel – und unterm Stutzen zeichnet sich eine verräterische Ausbeulung ab. Was das ist? „Zigaretten“, antwortet Frosch mit der rauesten aller Reibeisenstimmen. Warum er die dabei hat? „Ich bin schnell eingewechselt worden, da habe ich sie noch dabeigehabt.“ Na dann...

Wie ein 16-Jähriger auf dem Schulklo

Heute undenkbar. Heute ist in vielen Stadien das Rauchen ganz verboten und vor nicht allzu langer Zeit war da ein Trainer, der bei Pressekonferenzen gerne erzählte, wie froh er sei, endlich von der Zigarette losgekommen zu sein – um sich dann, wenn die Kameras aus und die meisten Journalisten gegangen sind, ähnlich verschämt wie ein 16-Jähriger auf dem Schulklo doch noch eine anzustecken.

Da sorgt es schon für Schlagzeilen, wenn Steffen Baumgart, Trainer des 1. FC Köln, in Sachen Zigaretten eine entspannte Haltung zeigt: „Wer rauchen will, soll rauchen“, sagt er. Auch in der Kabine würde er nicht eingreifen. Er fände es nur gut, „wenn sie es nicht vor dem Bus machen würden“.

Ungewöhnlich, aber immerhin ehrlicher als damals in der Kreisliga. Bei uns bedeutete das Rauchen im Trikot eine Strafzahlung in die Mannschaftskasse. Wenn aber sonntagmorgens der Mittelstürmer kurz nach Anpfiff vom Platz sprintete, um sich im angrenzenden Gebüsch die vergangene Nacht noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen, sagte niemand etwas.

Mario Basler, Schutzpatron aller rauchenden Fußballer

Bei Baumgart undenkbar, der verlangt einen aggressiven Pressingstil mit viel Lauferei. Wer da regelmäßig raucht und trinkt, dürfte von allein Probleme bekommen. „Ich habe immer gesagt, dass ich kein Dauerläufer bin, sonst könnte ich gleich beim Marathon starten“, sagte einst Mario Basler, Schutzpatron aller rauchenden Fußballer, nach einer von vielen frühen Auswechslungen. So einen würde Baumgart wohl eigenhändig zu Schnupftabak verarbeiten.

Und man kann sich überhaupt nicht vorstellen, dass Baumgart mal eine Geschichte erzählt wie einst der große Max Merkel: „Im Training habe ich mal die Alkoholiker meiner Mannschaft gegen die Anti-Alkoholiker spielen lassen. Die Alkoholiker gewannen 7:1. Da habe ich gesagt: Sauft’s weiter!“