Essen. . Bayern München verbittet sich Kritik an Auslandsreisen trotz mutierender Viren. Der Klub bringt die Branche in Verruf. Ein Kommentar.

Seit die Corona-Pandemie über das Land rollt, muss sich der deutsche Profifußball immer wieder für seine Sonderstellung rechtfertigen. Die Klubs taten bislang gut daran, ihre Privilegien wertzuschätzen und auf die Einhaltung ihres Hygienekonzepts zu achten. Nur deswegen wird von der Gesellschaft murrend geduldet, dass im Sport Ball und Rubel rollen, während andere Berufsgruppen immer noch auf die Formblätter für den Antrag auf Corona-Hilfen warten. Nun aber läuft der Fußball Gefahr, alles Erreichte zu zerstören.

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Was ist in Hansi Flick gefahren? Genervt von der Kritik an der Katar-Reise des Klubs, wird der Trainer des FC Bayern München politisch und kritisiert die Corona-Vorgaben der Bundesregierung, insbesondere aber SPD-Gesundheits-Experte Karl Lauterbach. Flick diskreditiert Lauterbach. Er nennt ihn, der ein Medizinstudium abgeschlossen sowie in Boston Gesundheitsökonomie studiert hat, einen „sogenannten Experten“, der „immer zu irgendwas einen Kommentar“ abzugeben habe. Flick mag sechs Titel haben, ein inhaltliches Argument hat er nicht.

Bayerns Profis als Vorbilder

Flicks Tirade gegen Lauterbach reiht sich ein in die abstrusen Vorstellungen von Karl-Heinz Rummenigge. Bayerns Vorstandsboss witterte allen Ernstes eine Verschwörung brandenburgischer Behörden, als dem Münchener Reisetross auf dem Flughafen in Berlin die Ausnahme vom Nachtflugverbot verwehrt wurde. Nur wenige Tage später warb Rummenigge für eine zeitnahe Impfung der Bayern-Profis, damit diese als Vorbilder Deutschlands mithelfen könnten, eine angebliche Impfmüdigkeit im Land zu kurieren.

Vorbilder? Bayern war ohne zwei positiv getestete Spieler nach Katar gereist und musste Thomas Müller mit einem ebenfalls positiven Test ins Flugzeug nach Hause setzen. Bei aller Disziplin könne das „mal vorkommen“. Auch Wüstenreisen gehörten zum Job, sagte Flick, der dabei die Unannehmlichkeit erwähnte, „an die 100 Mal“ getestet worden zu sein.

Kritiker werden als inkompetent diskreditiert

Der Klubweltmeister nimmt sich das Recht heraus, für den Fußball zu sprechen. Wer wie Lauterbach Kritik übt, wird als inkompetent dargestellt, dem Hass und der Hetze der „sozialen“ Medien überlassen. Dies zeigt, wo sich der Verein inzwischen in der Gesellschaft verortet: weit über allem.