Essen. In Revierderbys lässt Borussia Dortmund auch künftig kaum noch Überraschungen zu. Für Schalke 04 sind andere Klubs der Maßstab. Ein Kommentar.
Es war einmal ein Revierderby. Ein Fußballspiel, das die Menschen elektrisierte, weil es alle Voraussetzungen dafür mitbrachte: Zwei Vereine aus einer Region, Tradition im Überfluss, ähnliche Fan-Strukturen – Leidenschaft und Hingabe hier wie dort. Auch wenn eine Mannschaft der anderen mal enteilt war: Es gab genügend Raum für Überraschungen. Zuletzt noch im April 2019, als die abstiegsgefährdeten Schalker mit 4:2 in Dortmund gewannen.
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Seitdem ist gar nicht so viel Zeit vergangen – und doch unfassbar vieles passiert. Corona verdeutlichte, dass Schalke 04 sich in den vergangenen Jahren verzockt hatte. Dass dieser große Verein heruntergewirtschaftet wurde. Die Kaderplanung wird mittlerweile mit dem Rotstift vorgenommen. Und so sieht das Aufgebot auch aus.
Im Derby gegen Schalke bestand keine Gefahr für BVB-Trainer Favre
Ganz anders das der Dortmunder. Lauter hochkarätige Talente, umrahmt von namhaften Routiniers. Eine spielerisch hochwertige Mannschaft mit berechtigten Ambitionen. Unverständlich, dass sie sich zwischendurch krasse Aussetzer erlaubt – nur deshalb gerät auch Lucien Favre wiederholt in die Kritik. Die Gefahr, dass es nach der Enttäuschung in der vergangenen Woche bei Lazio Rom durch eine Derbypleite ganz eng für den Trainer hätte werden können, bestand allerdings nie. Für den FC Schalke 04 des Jahres 2020 hätte es auch gereicht, wenn Favre auf einen Torwart verzichtet hätte. Die Zeiten der Überraschungen bei Revierderbys dürften fürs Erste vorbei sein. Die Tabelle reicht gar nicht mehr aus, um den Abstand zwischen Borussia Dortmund und Schalke 04 realistisch ausdrücken zu können.
Manuel Baum, Schalkes neuer Trainer, hat in der Not erste richtige Schlüsse gezogen. Seine Aufforderung zu mehr offensivem Mut ist aber bei dem immerhin tapfer kämpfenden Team noch nicht angekommen. Mit dem Ball wissen die Schalker weiterhin nur wenig anzufangen – dieses Problem könnten auf die Schnelle auch Jürgen Klopp und Pep Guardiola nicht lösen. Baum bräuchte Zeit. Aber die haben die Schalker nicht mehr.
Schalke gewann zuletzt im Januar ein Bundesliga-Spiel
Man muss sich das mal vorstellen: Der letzte Sieg gelang im Januar, beim 2:0 gegen Borussia Mönchengladbach direkt nach der Winterpause. Niemand hätte an dem Tag erahnt, dass Schalke danach abschmieren und monatelang nicht mehr aufstehen würde.
Zum Start der neuen Saison war der Spielplan mit drei Auswärtspartien bei den Top-Teams der Liga brutal, aber nun gilt es: Am Freitag kommt der Aufsteiger VfB Stuttgart, anschließend geht es zum punktlosen FSV Mainz 05. Wenn Schalke 04 den freien Fall noch aufhalten will – dann jetzt.