Essen. Bundestrainer Löw verzichtet für die kommenden Spiele auf Bayern-Profis. Er will die Belastung vor der langen Saison dosieren – mit drei Neuen.
Worum es geht, macht Fritz Keller gleich zu Beginn klar: Beim Champions-League-Finale in Lissabon habe er mal wieder aus nächster Nähe erlebt, wie sich ein Endspiel und eine Pokalübergabe anfühlen, erzählt der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). „Es wäre schön, wenn wir da wieder hinkommen“, sagt er dann in Richtung des Bundestrainers Joachim Löw. Es ist aber nicht ganz klar auszumachen, ob dieser darauf erfreut oder doch eher gequält lächelt.
Damit ist das Ziel gesetzt für das Länderspieljahr, das außergewöhnlich spät beginnt: Erstmals nach der Corona-Pause, erstmals seit November versammelt Löw seine Spieler in der kommenden Woche um sich, wo es am 3. September in der Nations League gegen Spanien geht, bevor man am 6. September in Basel auf die Schweiz trifft (Beginn jeweils 20.45 Uhr/ZDF). Das Ziel ist eine erfolgreiche EM im Sommer 2021, „das steht über allem“, meint auch Löw. Das klingt immerhin doch nach Einigkeit mit Fritz Keller.
Die Bayern-Achse fehlt
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Klar, die Nations League sei „scho’ au’ wichtig“, sagt Bundestrainer Löw in seinem badischen Bundestrainer-Löw-Sprech. Aber wie wichtig sie tatsächlich ist, sieht man beim Blick auf das Aufgebot für die Partien: Das nämlich kommt ohne die Spieler des Champions-League-Halbfinalisten RB Leipzig und vor allem ohne die des Turniersiegers Bayern München aus.
Löw fehlt die nicht ganz unwichtige Achse aus Manuel Neuer (Tor), Niklas Süle (Abwehrchef) und Joshua Kimmich (Allzweckwaffe), Leon Goretzka (Mittelfeld-Motor) und Serge Gnabry (Top-Torjäger). Immerhin: Leroy Sané, der noch nicht für die Bayern spielen durfte, reist an, ebenso Thilo Kehrer und Julian Draxler vom Finalisten Paris Saint-Germain, die dank des Saisonabbruchs in Frankreich eine lange Pause hatten. So lastet nun mehr Verantwortung auf Matthias Ginter, Toni Kroos, Ilkay Gündogan und Timo Werner. Dazu kommen drei Neulinge: Torhüter Oliver Baumann (TSG Hoffenheim), der laut Löw „seit zehn Jahren konstant gute Leistungen zeigt“. Abwehrmann Robin Gosens (Atalanta Bergamo), der „eine sehr gute Saison gespielt hat“. Und Offensivspieler Florian Neuhaus (Borussia Mönchengladbach), der „ein intelligenter Spieler ist und eine sehr gute Entwicklung genommen hat“.
Keine Hoffnung für Boateng und Müller
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Jerome Boateng und Thomas Müller dagegen dürfen sich weniger Hoffnungen denn je auf eine Rückkehr machen, Löw schloss die Tür zwar nicht für alle Zeiten, ließ aber nur einen winzigen Spalt offen: „Wir haben uns nach der WM entschieden, den Weg mit anderen Spielern zu gehen. Wir wollen ihnen Raum und Zeit geben, um sich zu entwickeln.“
Allzu viel Zeit und Raum aber lässt ihm der enge Spielplan nicht: Am Montag reisen die Spieler an, nachdem sie bereits auf Corona getestet wurden. Zwei Spiele später geht es am Sonntagabend schon zurück. In den Länderspielpausen im Oktober und November stehen sogar jeweils drei Spiele auf dem Programm, was selbst Löw „sehr grenzwertig“ findet. Aber die Spiele müssen sein, sagt Keller, die Verbände hätten im ersten Halbjahr zugunsten nationaler Wettbewerbe zurückgesteckt. „Jetzt sind wir dran“, meint der DFB-Präsident. „Wenn wir das jetzt nicht machen, kämen wir finanziell in eine schwierige Lage.“
Uefa lässt keine Zuschauer zu
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Gerne hätte der Verband auch Zuschauer zugelassen: 500 systemrelevante Kräfte aus dem Gesundheitswesen und der Pflege. Doch die Europäische Fußball-Union Uefa als Ausrichter war dagegen. Es bleibt eben eine Ausnahmesituation. Für den Verband. Für die Spieler, die komplett von der Außenwelt abgeschottet werden, keinen Kontakt zu Fans haben. Und für den Bundestrainer, der bei der Spielerauswahl Kompromisse machen muss.
Er selbst habe sich zum Verzicht auf die Bayern-Spieler entschieden, betont Löw. Kein Verantwortlicher habe interveniert, die Profis wären gerne gekommen. Aber er habe eine Verantwortung für die Gesundheit seiner Spieler vor einer anspruchsvollen Saison: „Ich will nicht, dass wir im Dezember, Januar oder sogar noch im März viele Verletzungen haben und die Jungs aus dem Rhythmus sind“, sagt der 60-Jährige. „Das wäre das Schlechteste, was unserer jungen Mannschaft passieren könnte. Nur wenn alle körperlich fit und geistig frisch sind, können wir am Ende einer langen Saison etwas Großes reißen.“
Nur dann lässt sich Kellers Wunsch erfüllen, bei der Übergabe des EM-Pokals dabei zu sein.