Düsseldorf. Der Plan von Peter Bosz ging gegen Inter Mailand nicht auf. Seinen Humor hatte der Bayer-Trainer nach dem Europa-League-Aus aber nicht verloren.
Wie viele seiner Landsleute, spricht Peter Bosz ausgezeichnet Deutsch. Nach der letzten Enttäuschung einer über weite Strecken erfreulichen Saison musste der Niederländer aber zunächst eine sprachliche Unsicherheit überwinden. „Nervös – ist das ein deutsches Wort?“, fragte Leverkusens Cheftrainer auf der Suche nach Gründen für die 1:2-Niederlage seiner Mannschaft gegen Inter Mailand. Der erhoffte Heimvorteil beim Finalturnier um den Europa-League-Titel in Nordrhein-Westfalen war damit perdu, im Viertelfinale rammten die gewohnt abgeklärten Italiener Bosz‘ Spielern das Stoppschild vehement vor die Füße.
In der leeren Düsseldorfer Arena erlebten die Rheinländer dabei schmerzhafte Murmeltiermomente – vor allem in der Anfangsphase. Wie schon bei der Niederlage im nationalen Pokalfinale fünf Wochen zuvor gegen Bayern München wurde Leverkusen in der ersten Hälfte der ersten Halbzeit vom Gegner erneut überrollt. Beim Berliner Endspiel Anfang Juli dauerte es 24 Minuten bis zur Münchner 2:0-Führung. Das Tempo der Bajuwaren vermochte Inter jetzt sogar noch zu steigern: Durch Tore von Nicolo Barella und Romelu Lukaku lag das Team von Antonio Conte bereits nach 21 Minuten mit 2:0 vorne.
Bayer-Verteidiger Tapsoba völlig überfordert
„Die ersten zwanzig Minuten waren nicht gut, da müssen wir ehrlich sein. Unser Spiel war sehr unruhig, wir haben viele einfache Pässe weggegeben. Ich glaube, dass wir sehr nervös waren“, kommentierte Bosz, der mit Ajax Amsterdam vor drei Jahren noch das Finale der Europa League erreicht hatte. Eine Wiederholung des damaligen Coups scheiterte nun auch daran, dass seine Taktik, Mailands Sturm-Duo mit Lukaku und Lautaro Martinez Mann gegen Mann zu bekämpfen, fehlschlug. Innenverteidiger Edmond Tapsoba war mit der 93 Kilo schweren, im direkten Zweikampf so unverschämt geschickten Naturgewalt Lukaku speziell vor der Pause völlig überfordert. Und auf der linken Abwehrseite bekam der Mitte der zweiten Hälfte ausgewechselte Niederländer Daley Sinkgraven seine Nerven nie richtig in den Griff.
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Eine Dreierkette wäre womöglich die bessere Antwort auf die Angriffswucht der Nerazzurri gewesen. Anders als beim 2:4 gegen die Bayern im Berliner Pokalfinale gelang Leverkusen zwar schon nach 24 Minuten durch Kai Havertz der Anschlusstreffer. Gegen die bekannte italienische Abwehrkunst kamen Bosz‘ sonst nur schwer zu bändigende Offensivkräfte allerdings während der gesamten Partie nie in Schwung. Fehlender Mut, mangelndes Geschick und vielleicht auch zu wenig Überzeugung – neben der wackligen Verteidigung war dies das zweite entscheidende Manko des Bayer-Ensembles.
Lange Gesichter bei Bayer Leverkusen
Als Bundesliga-Fünfter haben die Leverkusener auf der Schlussgeraden die Qualifikation für die Champions League verspielt, die beiden Pokalwettbewerbe endeten letztlich jeweils mit langen Gesichtern bei Bayer. Bosz lobte zwar die Entwicklung der Mannschaft im zurückliegenden Jahr, auf der sich aufbauen ließe. Kapitän Lars Bender zeigte sich nach den diversen verpassten Gelegenheiten allerdings knatschig. „Wir haben vergessen, uns zu belohnen. Europa League ist für uns das Minimalziel. Es ist leider dieses Jahr nur ein schwacher Trost, wenn man sieht, in welchem Bereich wir mitspielen konnten. Aber wir haben den letzten Schritt nicht genommen“, analysierte der 31-Jährige deprimiert.
„Wenn man am Ende mit leeren Händen dasteht, ist man enttäuscht“, gab auch Bosz zu und sprach von einem Gefühl der „Leere“. Seinen feinen Humor verlor Bayers Chefcoach aber trotzdem nicht. Das bewies der 56-Jährige, als er in Anlehnung an die endlosen Diskussionen über den offenbar kurz bevorstehenden Wechsel von Havertz zum FC Chelsea nach dem Aus gegen Inter auf der Pressekonferenz sagte: „Ich kann euch mitteilen, dass Kai Havertz nächstes Jahr bei Heracles Almelo spielt.“
Heracles Almelo nimmt Scherz auf
Der Klub aus der niederländischen 72.000-Einwohner-Stadt nahm den Scherz prompt auf, veröffentlichte am Dienstagmorgen in den sozialen Netzwerken eine Fotomontage, die den Topstar der Werkself im schwarz-weißen Almelo-Dress zeigt – und schrieb dazu: „Herzlich willkommen, Kai.“