Essen. Am Montag beginnt das Europa-League-Finalturnier in NRW. Der Pay-TV-Sender Sky produziert im Auftrag der Uefa eine Stadionatmoshäre.

Fußballspiele ohne Fans, das ist wie Eiskunstlauf ohne Ton. Der Pay-TV-Sender Sky hat sich deshalb eine Technik einfallen lassen, die dem Zuschauer den Stadionsound ins Wohnzimmer bringt. Die Umsetzung in der Bundesliga kam bei der Uefa offenbar so gut an, dass der europäische Fußball-Verband Sky den Produktionsauftrag für die Europa und Champions League erteilte. Die Stadionatmosphäre ohne Fans erfährt damit auf den TV-Bildschirmen ihr Welt-Debüt.

„Unsere Dienstleistung wird von der Uefa weltweit zur Verfügung gestellt. Die jeweiligen Rechteinhaber können darauf zurückgreifen“, sagt Alessandro Reitano, Sportproduktionsleiter bei Sky, im Gespräch mit dieser Redaktion. In der Champions League bietet Sky die Soundoption für seine Zuschauer exklusiv an. Für die Europa League könnte DAZN darauf zurückgreifen. Der Internet-Streamingdienst überträgt das Finalturnier in NRW, das am Montag (21 Uhr) mit dem Viertelfinale von Bayer Leverkusen gegen Inter Mailand in Düsseldorf beginnt.

Sky-Mitarbeiter reagiert live auf Tore und Entscheidungen

Alessandro Reitano, Sportproduktionsleiter bei Sky.
Alessandro Reitano, Sportproduktionsleiter bei Sky. © Sky

Was verbirgt sich dahinter? Keine „Rocket-Science“, sagt Reitano. „Wir produzieren aus Archivmaterial einen Grund-Atmo-Teppich mit einer Länge zwischen 15 bis 30 Minuten. Dafür extrahieren wir Schiedsrichterentscheidungen, Ballkontakte und andere störende Geräusche. Danach produzieren wir Audiosamples, kurze Tonstücke von 15 bis 20 Sekunden Länge, die Live eingespielt werden können: Sprechchöre, Torjubel, Schiedsrichterentscheidungen.“

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In der Bundesliga und bei der Europa League würden Stadiongeräusche und Geister-Stimmung im Ü-Wagen vor Ort zusammengemischt, in der Champions League verantwortet die Uefa die Tonspur. Im Studio sitzt ein „Soundproducer“, Herr über 16 Knöpfe, der live auf die Ereignisse reagiert. Das seien „echte Fußball-Nerds, die jedem Spiel etwas abgewinnen können“, sagt Reitano. „Der Soundproducer muss 90 Minuten lang hochkonzentriert sein und das richtige Gespür für die Reaktionen der Fans haben. Das macht unsere Vorgehensweise einzigartig. Die unterschiedlichen Fanlager werden bei den Spielen abgebildet, die Reaktionen sind live. Es klingt ganz natürlich", sagt der 45-Jährige.

Zuschauer haben in der Bundesliga positiv reagiert

Ganz natürlich? Der Sound wird gewissermaßen feingehobelt, unerwünschte Sprechchöre der Fans werden herausgeschnitten. Das dürfte einigen Fußballfunktionäre gut gefallen. Ultras dürften dagegen wenig begeistert sein. „Unsere Zuschauer haben in der Bundesliga sehr positiv reagiert. Wir erhalten damit ein bisschen die Stimmung, die vor Covid-19 normal war. Klar ist jedoch auch, dass echte Fans und ihre Kultur nie zu ersetzen sind“, betont Reitano.

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Die Idee entstand aus der Not, nach dem ersten Geisterspiel der Bundesliga-Geschichte zwischen Gladbach und Köln. „Uns war sofort klar, dass wir unseren Zuschauern gerne eine zusätzliche Soundoption anbieten möchten. Wir haben uns dann angeschaut, wie es bei Computer-Spielen gemacht wird und schnell gemerkt, dass wir es besser machen müssen. Entweder man macht es ganz oder gar nicht, ansonsten fällt es bei den Fans durch.“

Einsatzmöglichkeiten in anderen Sportarten

Bei den Fußballermachern kommt es jedenfalls gut an. Es gebe deshalb bereits Nachfragen aus anderen europäischen Ligen. Auch die US-Football-Liga NFL sei hellhörig geworden. Bei Sky gibt es Überlegungen, wo die Technik noch zum Einsatz kommen könnte: „Vielleicht kann sie auch auf andere Sportarten wie Handball übertragen werden. Allerdings ist der Aufwand enorm hoch. Das müssen wir noch intern analysieren.“